Winter- oder Sommerung? Die Zukunft der Braugerste in Zeiten des Klimawandels

Die Zunahme von Extremwetterereignissen stellt eine der größten Herausforderungen in der Landwirtschaft dar. Trockenheit und Hitze führen zu erheblichen Ertragseinbußen bei Getreide, wie in den letzten Jahren zu beobachten war. Gerste kann Trockenstress am besten von allen Getreidearten tolerieren, jedoch mussten hier Ertragsreduktionen durch langandauernden Trockenstress verzeichnet werden. Doch nicht nur der Ertrag wird beeinträchtigt, auch die Brauqualität büßte mit zu hohen Proteingehalten unter Trocken- und Hitzestress ein [1]. Mit 309.950 Hektar macht die Braugerste gerade einmal 25 Prozent der gesamten Gerstenanbaufläche aus (Abb. 1).

Die Hauptanbauform ist hierbei die Sommerbraugerste, die einen Anteil von 90 Prozent des gesamten Braugerstenanbaus besitzt (Abb. 1). Die Sommerung wird aufgrund ihrer optimalen Zusammensetzung von Qualitätseigenschaften wie Proteingehalt und Tausendkorngewicht schon seit Jahrzehnten kultiviert und gezüchtet. Seit 2003 ist die Anbaufläche jedoch enorm von 751.000 Hektar auf 371.000 Hektar zurückgegangen [2]. Verantwortlich dafür sind die vermehrt auftretenden Trockenstressperioden im Frühjahr, die sowohl Ertrag als auch Qualität beeinträchtigen.

Ackerbauliche Möglichkeiten zur Anpassung an Trockenstress

Trockenstress kann mit einer Herbstaussaat der Sommerung entgegengewirkt werden – allerdings nur bei milden Wintern. Dabei soll die Sommergerste im Herbst bestocken und nach einem milden Winter sofort in die Vegetation gehen. Dies ist jedoch mit dem Risiko verbunden, dass in einem Winter wie diesem, mit zum Teil -10 °C Kahlfrösten, die Gerste abfriert. Somit ist diese Variante sehr jahresspezifisch und auch nur regional geeignet. Eine andere Variante ist der Anbau von Winterbraugerstensorten. Diese spielt aufgrund der unzureichenden Qualitätseigenschaften jedoch eine eher untergeordnete Rolle (10 Prozent Anteil bei Braugerste und 2 Prozent gesamter Gerstenanbau, Abb. 1). Allerdings gab es in den letzten Jahren erhebliche Züchtungsfortschritte [3], sodass die Winterbrauchgerste qualitativ der Sommerbraugerste gleicht. Vorteile, der Winterung gegenüber der Sommerung sind zum einen das höhere Ertragspotenzial aufgrund der längeren Vegetation und zum anderen die Nutzung der Herbst- und Winterfeuchte zur Überbrückung der Frühjahrstrockenheit. Somit wäre es denkbar, dass der Braugerstenanbau sich in den nächsten Jahren Richtung Winterungen verschieben könnte. Das hängt jedoch von der Akzeptanz der Mälzereien ab.

Auf die Qualität kommt es an

Bei Braugerste gibt es einige Qualitätseigenschaften, die berücksichtigt werden sollten.  Sonst besteht die Gefahr, diese nicht mehr als Brau- sondern Futtergerste verkaufen zu müssen, was sowohl ertraglich als auch finanziell erhebliche Einbußen bedeuten würde. Im Gegensatz zur Futtergerste ist bei Braugerste ein geringer Proteingehalt unter 12 Prozent erwünscht.  Ein zu hoher Eiweißgehalt kann zu Beeinträchtigungen des Stärkeabbaus und Malzprozesses führen. Ein weiteres wichtiges Merkmal ist der Vollgerstenanteil, bei der die Kornfraktion größer als 2,5 mm bei der Rohware größer als 90 Prozent sein sollte. Weitere Eigenschaften, bei denen die Werte möglichst hoch sein sollten, sind der Mälzungsschwand (8,5 bis 9,3 Prozent), der Extraktgehalt (81,6 bis 82,2 Prozent), der Endvergärungsgrad (83,9 bis 84,9 Prozent) sowie die Alpha- und Beta-Amylase-Aktivität [2]. Dagegen ist eine möglichst geringe Viskosität (1,53-1,53 mPas) und ein niedriger Beta-Glucan-Gehalt erwünscht [2]. Die Einhaltung der zahlreichen Qualitätsanforderungen in Kombination mit den Wetterextremen erschweren den Braugerstenanbau enorm.

Die richtige Düngung sichert die Qualität

Im Vergleich zur Futtergerste sollte die N-Düngung bei der Braugerste nicht überstrapaziert werden. Bei der Sommerbraugerste wird eine einmalige Gabe zur Saat empfohlen, wo sich die N-stabilisierten Dünger ALZON® neo-N  und  PIAGRAN® pro bewährt haben. Eine Aufteilung in zwei Gaben zur Saat und BBCH 32 mit den N-stabilisierten Düngern ALZON® neo-N und raps-power® neo-N wirkt sich ebenfalls positiv auf Ertrag und Qualität aus. Bei der Winterbraugerste wird die Zwei-Gaben-Strategie empfohlen, bei der 60 bis 70 kg N/ha zu Vegetationsbeginn und 20 bis 30 kg N/ha im BBCH 30 bis 32 gedüngt werden sollte (Abb. 2). Zur Saat ist es wegen der Gefahr erhöhter Rohproteingehalte nicht empfehlenswert zu düngen. Auch auf organische Düngung sollte verzichtet werden, da die unkontrollierte N-Freisetzung ebenfalls zu erhöhten Rohproteingehalten führen kann.

Schnell gelesen

Der Klimawandel macht der Braugerste hinsichtlich Ertrag und Qualität besonders zu schaffen. Bisher dominiert der Anbau von Sommerbraugerste, jedoch steckt in der Winterbraugerste hohes Ertragspotenzial mit einer besseren Wassernutzung aus dem Herbst bzw. Winter. Die N-Düngung ist bei der Braugerste von besonderer Bedeutung, denn zu viel N könnte die Qualität beeinträchtigen. Deshalb erfordert es bei der N-Gabe besonderes Fingerspitzengefühl.

Quellen:

[1] Rezaei, E.E.; Rojas, L.V.; Zhu, W., Cammarano, D. (2022): „The potential of crop models in simulation of barley quality traits under changing climates: A review”. URL: doi.org/10.1016/j.fcr.2022.108624 (zuletzt aufgerufen am 21.12.2023).

[2] Bundessortenamt (2023): „Beschreibende Sortenliste Getreide, Mais, Öl- und Faserpflanzen, Leguminosen, Rüben, Zwischenfrüchte“ URL: www.bundessortenamt.de/bsa/media/Files/BSL/bsl_getreide_2023.pdf (zuletzt aufgerufen am 21.12.2023).

[3] Herz, M. (2010): „Züchtungsfortschritt in der Malzqualität von Winterbraugerste“. URL: raumberg-gumpenstein.at/jdownloads/Tagungen/Saatzuechtertagung/Saatzuechtertagung_2010/2s_2011_herz.pdf (zuletzt aufgerufen am 21.12.2023).

[4] Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) (2023): „Winterbraugerste Qualität gezielt erzeugen“. URL: www.lfl.bayern.de/mam/cms07/publikationen/daten/merkblaetter/p_35068.pdf (zuletzt aufgerufen am 21.12.2023.