Nitrat oder Ammonium: Was sollte jetzt gedüngt werden?

Ausgangssituation

Dieser Winter prägte Deutschland mit überdurchschnittlich hohen Niederschlagsmengen und hohen Sickerwasserraten, weshalb jetzt vielerorts die Böden wassergesättigt sind. Die Pflanzenbestände sind unterdurchschnittlich entwickelt und die pflanzenverfügbaren Stickstoffmengen sind in weiten Teilen des Landes in der durchwurzelbaren Bodentiefe 0-60 bzw. 0-90 cm erschöpft. Aktuelle Nmin-Untersuchungen bestätigen dies (Abb. 1).

Jetzt richtig und überlegt handeln!

Beim Start in die Vegetation benötigen die Pflanzen jetzt Stickstoff. Sowohl Ammonium, als auch Nitrat sind bei Lösung im Boden sofort pflanzenverfügbare Stickstoffformen, welche von den Wurzeln aus der Bodenlösung aufgenommen werden können. Dabei ist es wichtig, die verschiedenen Wege der Stickstoffaufnahme in die Pflanzen zu kennen und die Besonderheiten der beiden Stickstoffformen zu berücksichtigen.

Ammonium-Stickstoff: verlustarm und bedarfsgerecht

Ammonium erreicht in der Bodenlösung wesentlich geringere Konzentrationen als Nitrat, da es als Kation (positive Ladung) zu großen Teilen am Ton-Humus-Komplex adsorbiert wird. Zwischen gelöster und am Bodenkörper gebundener Fraktion besteht ein Gleichgewicht. Nitrat wird in unseren Böden nicht gebunden, die gesamte gedüngte Nitratmenge befindet sich in der Bodenlösung; dazu kommt bei konventioneller Düngung im Zuge der Nitrifikation relativ schnell weiteres Nitrat aus anderen Dünger-N-Formen.

Nach einer Düngung kann die Nitratkonzentration in der Bodenlösung gut und gern den 10- bis 100-fachen Wert für Ammonium erreichen. Für die Pflanzenernährung ist eine solche Nitratschwemme wenig hilfreich und kann sogar kontraproduktiv wirken. Das gilt auch in puncto Umweltschutz, denn 100-mal mehr Nitrat bedeutet im Hinblick auf N-Verlagerung und Lachgasbildung logischerweise auch ein 100-fach höheres Auswaschungs- bzw. Emissionsrisiko.

Wie aber kommt die Pflanze mit der vergleichsweise geringen Ammonium-Konzentration zurecht? Nachweislich hervorragend. Die Wurzel kann Ammonium aus der Bodenlösung genauso gut aufnehmen wie Nitrat. Die Transporter und spezifischen Aufnahmemechanismen mögen verschiedener Natur sein; der Weg in die Pflanze ist bei beiden N-Formen gleichermaßen unkompliziert und effizient.

Und egal, wie schnell oder wie ausdauernd die Pflanze ihre Ammonium-Mahlzeit aus der Bodenlösung aufnimmt, die nach einer ammoniumstabilisierten Düngung bestens gefüllte Speisekammer Boden liefert die verzehrte Menge umgehend in die Bodenlösung nach. Dazu kommt ein gezähmter Nitratfluss aus dem stabilisierten Ammonium, denn die Nitrifikationsinhibierung blockiert nicht etwa den Prozess der Nitrifikation, sondern drosselt ihn um einen zeitlichen Verzögerungsfaktor zwischen 2 und 4.

So wird die Pflanze jederzeit bestens mit beiden N-Formen versorgt und dank zusammengefasster ammoniumstabilisierter Gaben ist die Speisekammer sogar bei Vegetationsbeginn besser gefüllt als bei der konventionell nitratbetonten Düngung.

Bei der Aufnahme von Ammonium in die Wurzel werden zum Ladungsausgleich Protonen abgegeben, wodurch der pH-Wert im Boden sinkt. Ein schöner Effekt dieser pH-Wert Senkung durch ammoniumbasierte Düngung ist die erhöhte P-Mobilisierung und die Erschließung von Mikronährstoffen. Zudem kann Ammonium direkt zu Aminosäuren assimiliert werden [1].

Ein weiterer Vorteil der ammoniumbetonten Düngung besteht darin, dass die geringere Nmin-Konzentration im Boden in Kombination mit einem erhöhten Ammonium-Angebot in der Pflanze Impulse zu einem verstärkten Wurzelwachstum auslöst. Die Wurzel wächst in tiefere Bodenschichten und verzweigt sich schneller und intensiver, so dass weitere Nährstoff- und Wasservorräte erschlossen werden können. Dies kann bei schlechter werdender Wasserversorgung im Frühjahr entscheidend für die Pflanze sein.

Nitrat-Stickstoff: Luxuskonsum mit hohem Verlustpotenzial

Das Anion (negative Ladung) Nitrat liegt vollständig und hoch mobil in der Bodenlösung vor. Es ist in hohen Konzentrationen nicht nur auswaschungsgefährdet oder potenzieller Herd für Treibhausgasemissionen (Lachgas), sondern kann auch pflanzenphysiologisch kontraproduktiv wirken. Nitrat wird mit dem Massenfluss an die Wurzel transportiert, der durch Transpiration (Verdunstung) angetrieben wird. Bei niedrigen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit, wie es zurzeit der Fall ist, fällt die Transpirationsrate eher gering aus und somit auch der aktive Massenfluss von Anionen. Bei sehr hohen Transpirationsraten entsteht dagegen schnell eine Art Luxuskonsum.  Daraus kann Biomasse im Überfluss resultieren, die gegen späte Fröste oder vorsommerliche Dürreperioden gleichermaßen empfindlich reagiert.

Nitratbetonte Startgaben um jeden Preis?

Für die aktuelle N-Düngung zu Raps und Getreide ist dies keine zielführende Strategie!

Derzeit treten Spätfröste auf und wassergesättigte Böden mit Sauerstoffmangel sind ebenfalls zu verzeichnen, die die Nitratverluste in Form von Auswaschung und Lachgasemissionen beschleunigen. Das belastet nicht nur den Geldbeutel der Landwirte, sondern auch den ohnehin angespannten Dialog zwischen Umweltschützern, Öffentlichkeit und Landwirten. Mit einer N-stabilisierten und damit ammoniumbetonten Düngung können auch unter jetzigen Bedingungen die Pflanzen bedarfsgerecht ernährt und zeitgleich auf Nitrat-, Lachgas- und N2-Verluste verzichtet werden. Eine zusammengefasste Startgabe kombiniert darüber hinaus die reichhaltige Versorgung mit weiteren Vorzügen der ammoniumbetonten N-Bereitstellung wie Wurzelförderung sowie Phosphor- und Mikronährstoff-Mobilisierung. Spätfröste können deutlich besser verkraftet werden, da Ammonium in der Zeit im Boden gebunden wird und nicht verloren geht wie Nitrat.

Nun stellt sich die Frage, wie schnell welche N-Form im Boden umgesetzt wird. Die Umsetzung von Harnstoff zu Ammonium und weiter von Ammonium zu Nitrat hängt stark von der Temperatur ab. Harnstoff ohne Nitrifikationsinhibitor (z.B. PIAGRAN® pro) wird bei 10 °C in einem Tag und bei 2 °C in vier Tagen zu Ammonium umgesetzt. Die darauffolgende vollständige Umsetzung zu Nitrat kann bei 5 °C in sechs Wochen und bei 20 °C in einer Woche erfolgen. Bei der Verwendung eines Ureaseinhibitors wirkt dieser überhaupt nur, solange der Harnstoff nicht in den Boden eingewaschen ist. Selbst dann ist die Wirkung je nach Temperatur auf ein bis zwei Wochen begrenzt. Der Nitrifikationsinhibitor, z.B. in ALZON® neo-N oder ALZON® flüssig-S 25/6, dagegen wirkt in der gesamten durchwurzelten Bodenmatrix. Seine Wirkung besteht in der Verlangsamung der Nitrifikation um das Zwei- bis Vierfache. Sie hält je nach Temperatur sechs bis zehn Wochen an.

Ein perfekt aufeinander abgestimmtes System

Im Zusammenspiel von Urease- und Nitrifikationsinhibitor sorgt der Ureaseinhibitor für ein schnelles Eindringen des Harnstoffs in den Boden. Der Stickstoff dringt in die verschiedenen durchwurzelten Bodenschichten vor und wird dabei rasch in Ammonium umgesetzt, welches nun die Sorptionsträger dieser Schichten Etage für Etage belegen kann. Dank Nitrifikationsinhibitor bleibt dieses Speiseregal nun über mehrere Wochen vor Verlusten geschützt und bestens gefüllt. Der Tisch ist infolge der ständigen bedarfskonformen Ammonium-Nachlieferung in die Bodenlösung und einer regulierten Nitratbildung dennoch stets üppig gedeckt. Mit steigenden Temperaturen nehmen nicht nur der Bedarf der Pflanze, sondern auch die N-Konzentrationen in der Lösung und die Nitratbildung zu, während sich die Inhibierungswirkung abschwächt. Wahrlich ein perfekt aufeinander abgestimmtes System.

In einer wissenschaftlichen Studie wurde die Wirkung des Nitrifikationsinhibitors bei Zusatz von PIADIN® in Gülle und bei ALZON®-Düngern auf die Nitratbildung bei niedrigen Temperaturen untersucht [2]. Trotz geringer Temperaturen von 0 °C bis 8 °C konnte bei einer Düngung mit Nitrifikationsinhibitor genug Nitrat und Ammonium für die Pflanze bedarfsgerecht bereitgestellt werden (Abb. 2 und 3). Somit kann eine stabilisierte und ammoniumbetonte Düngung auch aktuell den Pflanzenbestand optimal ernähren und gleichzeitig N-Verluste vermeiden.

Auch in den nächsten Vegetationsperioden wird die größte Herausforderung vermutlich wieder in der N-Verfügbarkeit unter trockenen Bedingungen bestehen. Sowohl bei der aktuellen Lage mit wassergesättigter und zum Teil gefrorener Böden als auch vorausschauend in Richtung fortgeschrittener Vegetationsperioden mit einsetzender Trockenheit erweist sich eine stabilisierte Düngung als passendes Tool. Wenn jetzt der stabilisierte Dünger appliziert wird, steht das Ammonium der Pflanze auch noch in späteren Wachstumsstadien zur Verfügung. Ammoniumbetonte Dünger gewährleisten eine harmonische und bedarfsgerechte Pflanzenernährung, ein hohes N-Angebot im Boden auch in trockenen Phasen und geringe Nitrat- und Lachgasverluste. Zusätzlich wird die Mobilisierung von Phosphor und Mikronährstoffen gefördert. Dem gegenüber steht eine nitratbetonte Ernährung mit erhöhten Lachgas- und N2-Verlusten, vor allem unter denitrifizierenden Bedingungen, wie sie aktuell mit Wassersättigung und Sauerstoffmangel im Boden vorliegen (Abb. 4). Außerdem werden die Bestände zu einer unproduktiven Biomassebildung angereizt, die den Energie- und Wasserverbrauch der Pflanze unnötig erhöht. Zudem steigt der Wassergehalt in den Pflanzen. Das Pflanzengewebe wird weicher, im Ergebnis leidet die Standfestigkeit und die Frostempfindlichkeit nimmt zu.

Keine unbekannte Ausgangssituation

Wetterbedingungen wie in diesem Winter/Frühjahr (2023/2024) hatten wir beispielsweise auch im Anbaujahr 2017/2018. Nach einem nassen Sommer und Herbst lag im Frühjahr eine hohe Wassersättigung vor (Abb. 5). Die Nmin-Werte lagen im Frühjahr 2018 sogar deutlich unter den aktuellen Zahlen (Abb. 1).  Auch damals bestand ein hoher N-Düngungsbedarf und die Rufe nach einer möglichst schnell wirkenden und hohen Andüngung hallten durchs ganze Land.

Jedoch war 2018 auch ein extremes Dürrejahr, in welchem der Niederschlag genau in der Vegetationsperiode fehlte. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre steigt in solchen Jahren die Tendenz zur Frühjahrtrockenheit. Das Szenario von 2017/2018 könnte durchaus auch für das aktuelle Landwirtschaftsjahr zutreffen. Umso wichtiger ist es also, Augenmaß zu wahren und die richtige Entscheidung für eine optimale und ressourceneffiziente Düngung zu treffen.

Winterraps hat in kurzer Zeit einen hohen N- und S-Düngebedarf. In den wenigen Wochen von Vegetationsbeginn bis Blüte kann ein Bestand den gesamten Mineralstickstoff aus Düngung und bodeneigener Nachlieferung ausräumen. Wo, wenn nicht hier, lässt sich zeigen, was ammoniumstabilisierte Systeme leisten können.

In mehreren Versuchen im Winterraps wurde nachgewiesen, dass eine stabilisierte Düngung mit und ohne Schwefel dem traditionell nitratbetonten System überlegen war (Abb. 6).

Ein Versuch mit Gülle im Winterweizen aus der Saison 2017/2018 veranschaulicht zusätzlich noch, dass der Zusatz von PIADIN® (zur Stickstoff-Stabilisierung) oder PIAMON® 33-S (für den Schwefelausgleich) den relativen Kornertrag im Vergleich zu ASS/KAS erhöht (Abb. 7).

Somit schnitt die ammoniumbetonte Düngung, trotz der feuchtkalten Bedingungen im Winter und zeitigen Frühjahr, besser ab als die nitratbetonte Düngung. Grund dafür könnten zum einem Auswaschungs- und Lachgasverluste aus der Nitratform sein. Dazu kommt die langfristige Verfügbarkeit und Nachlieferung aus der ammoniumstabilisierten N-Fraktion, die über die gesamte Vegetationsperiode hinweg eine bedarfsgerechte Ernährung bei verschiedenen Witterungsbedingungen gewährleisten konnte.

Fazit

Pflanzen können sowohl Ammonium als auch Nitrat effizient und bedarfsgerecht aus der Bodenlösung aufnehmen. Mit einer zusammengefasst-ammoniumbetonten Startgabe gibt es insgesamt mehr pflanzenverfügbaren Stickstoff im Boden als beim nitratbetonten Start. Man vermeidet Nitrat-Schwemmen (extreme Konzentrationen in der Bodenlösung) und damit einhergehender N-Verluste. Das dank Nitrifikationsinhibitor-Wirkung reguliert fließende Nitrat wird nachweislich auch in kalten, nassen Böden kontinuierlich gebildet. Dazu kommt ein erhöhtes Ammoniumangebot, welches bei Nutzung sofort und permanent aus der mit Ammonium gut gefüllten Speisekammer Boden (Sorptionskomplexe) wieder aufgefüllt wird (gesetzmäßiger Konzentrationsausgleich; für jedes aufgenommene Molekül wird umgehend eines nachgeliefert). Zusammen wird so eine reichhaltige, dabei aber nicht überzogene ammoniumbetonte N-Versorgung mit all ihren Vorteilen gewährleistet. Bei steigenden Temperaturen und steigendem Bedarf passt sich dieses biologisch gesteuerte System perfekt an die Erwärmung an (abnehmende Wirkung des Nitrifikationsinhibitors, schnellere Nitrifikation, höhere Sättigungskonzentrationen). Im Resultat wird eine perfekte Synchronisation zwischen N-Bereitstellung und N-Bedarf der Bestände erreicht. Der Verzicht auf sehr hohe N-Konzentrationen in der Bodenlösung (kombiniert mit einem erhöhten Ammonium-Anteil) regt die jungen Wurzeln zu einem intensiveren Wachstum und stärkerer Verzweigung an – ein unschätzbarer Vorteil unter den Bedingungen des Klimawandels. Ergebnisse aus vorhergehenden Anbaujahren mit ähnlichen Bedingungen zeigten, dass ein stabilisiertes und damit ammoniumbetontes Düngesystem auch einen Ertragsvorteil mit sich bringt.

Quellen:

[1] Buchanan B.B., Gruissem W., Jones R.L. 2015. Biochemistry & molecular biology of plants. Wiley Blackwell, 2nd edition.

[2] Kirschke T., Spott O., Vetterlein D. 2019. Impact of urease and nitrification inhibitor on NH4+ and NO3− dynamic in soil after urea spring application under field conditions evaluated by soil extraction and soil solution sampling. Journal of Plant Nutrition and Soil Science, 182: 441-450.