Situationsangepasste Bodenbearbeitung als Schlüssel zum Erfolg

Verfahren kombinieren

In sehr vielen Fällen hat sich herausgestellt, dass eine Kombination beider Verfahren im Rahmen des gesamten Produktionssystems die besten Erfolge bringt. Es ist dabei zielführend, die Bodenbearbeitung nicht routiniert nach „Schema F“, sondern an die jeweilige Situation angepasst vorzunehmen! Wichtige Punkte, die es dabei zu beachten gilt, sind beispielsweise:

  • Fruchtart: spezielle Anforderungen der Kultur
  • Fruchtfolge: Vorfrucht-Nachfrucht-Beziehung
  • Standort: Bodenverhältnisse, Klima
  • Ausgangslage: Witterung, Bodenfeuchte, Bodenverhältnisse

Dazu in den folgenden Absätzen ein paar Beispiele.

Bodenfeuchte in Bearbeitungstiefe entscheidend

Die Bearbeitbarkeit des Bodens richtet sich nicht in erster Linie nach der Feuchtigkeit an der Bodenoberfläche, sondern im Bearbeitungshorizont. Man darf sich also bei der Beurteilung nicht allein an den Verhältnissen an der Bodenoberfläche orientieren, sondern sollte unbedingt die Feuchtigkeit im Bearbeitungshorizont betrachten.

Fruchtart und Fruchtfolge

Eine häufig praktizierte Fruchtfolge ist Raps-Weizen-Gerste. Soll im Rahmen dieser Fruchtfolgerotation nur einmal gepflügt werden, dann hier vorzugsweise zur Gerste, denn diese dankt als Dunkelkeimer mit vergleichsweise schwacher Wurzelbildung eine Pflugfurche häufig am meisten. Wenn nun aber beispielsweise eine hohe Strohhinterlassenschaft nach der Gerste die Etablierung des Rapses stark gefährdet, dann kann eine weitere Pflugfurche vor Raps sinnvoll sein. Es hat dann die Rapsetablierung einen höheren Stellenwert als das „Dogma“ der einmaligen Pflugfurche.

Nach Raps sollte hingegen der Pflug unbedingt vermieden werden. Der Raps hinterlässt eine gute Bodenstruktur und ein nachgestelltes Getreide kann davon sehr profitieren. Eine allzu umfassende Lockerung des Bodens ist also allein deswegen nicht nötig.

Ein weiteres Argument für eine eher extensive Bodenbearbeitung nach Raps ist die „Altraps-Problematik“, welche besonders in den traditionellen Rapsanbaugebieten – wie z.B. Schleswig-Holstein – bestens bekannt ist. Zum Hintergrund: Es ist unvermeidlich, dass Raps vor oder während der Ernte aus den Schoten ausfällt und auf den Boden gelangt. Dort keimt er in der Regel binnen weniger Tage bis Wochen oder er verliert durch mehrfache Quellung und Schrumpfung seine Keimfähigkeit. Wird der Ausfallraps hingegen vor der Keimung tief in den Boden eingearbeitet, dann fällt er in eine sekundäre Keimruhe und bleibt über viele Jahre keimfähig. Man findet dann in den folgenden Rapsanbaujahren eine deutlich über die Aussaatstärke hinausgehende Pflanzendichte. Das Problem: Durch Kreuzungsprozesse weicht der Altraps über die Jahre immer weiter vom Kulturraps ab, sodass er separat abreift, was Ernteprobleme mit sich bringt. Auch die Qualität kann beeinträchtigt sein. Und besonders dann, wenn beispielsweise infolge von Hagelschlag mit viel ausgefallenem Raps zu rechnen ist, muss die Bodenbearbeitung vor dem folgenden Getreide unbedingt extensiv ausfallen und zwar gegebenenfalls auch um den Preis, dass der Getreideertrag im Folgejahr sinkt.

Nicht mehr Verdichtungen schaffen als beseitigen

Ein möglicher Nachteil des Pfluges besteht darin, dass er besonders in schwereren Böden (Stunden-/Minutenböden) bei zu hoher Bodenfeuchte mitunter eine massive Pflugsohle hinterlässt, welche die Durchwurzelbarkeit der darunterliegenden Bodenschichten sowie den Luft-, Wasser- und Nährstoffhaushalt und schließlich die Bodenbiologie und die Ertragsfähigkeit des Bodens beeinträchtigt. Das heißt also, dass an schwereren - und somit an sich sehr fruchtbaren - Standorten bereits ein einmaliger Pflugeinsatz bei zu hoher Bodenfeuchte die kurzfristige Ertragsfähigkeit stark herabsetzen kann. Bei zu hoher Bodenfeuchte sollte also nach Möglichkeit ein extensiveres Bearbeitungsverfahren in Erwägung gezogen werden, auch wenn dies im Rahmen der Fruchtfolge regulär anders vorgesehen war.

Bodenfeuchte und Regenwürmer

Aus Versuchen weiß man, dass nach einer Pflugfurche die Aktivität der Regenwürmer stärker zurückgeht als nach einer konservierenden Bodenbearbeitung. Allerdings ist auch hier eine differenzierte Betrachtung angezeigt, denn es gilt, die Bedingungen während der Bodenbearbeitung zu beachten. Wenn beispielsweise Ende August zu einem Raps gepflügt wird, dann ist der Bearbeitungshorizont meist recht trocken und die Regenwürmer befinden sich in tiefen Bodenschichten. Eine Pflugfurche zu diesem Zeitpunkt stört also die Aktivität der Regenwürmer weniger als unter feuchten Bedingungen.

Bodenverhältnisse: Extensiv um jeden Preis?

Viele Betriebe streben nach einer Extensivierung der Bodenbearbeitung. Dies wird einerseits mit einem Pflugverzicht verbunden und andererseits auch mit einer Reduktion der Arbeitstiefe und der Bearbeitungshäufigkeit. Doch hier ist zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine entsprechende Umstellung aktuell gegen sind, oder ob diese zunächst erst noch geschaffen werden müssen.

Sind Böden beispielsweise stark verdichtet, dann sind der Luft- und Wasserhaushalt des Bodens sowie dessen Durchwurzelbarkeit entsprechend beeinträchtigt und die biologische Aktivität des Bodens ist vermindert. Unter diesen Voraussetzungen macht eine Umstellung auf eine extensive Bodenbearbeitung zunächst wenig Sinn, auch wenn man sich diese mittelfristig zum Ziel gesetzt hat. Zielführender ist es dann – günstige Bodenbedingungen vorausgesetzt – die Bodenbearbeitung zeitweise sogar zu intensivieren und dadurch den Boden mechanisch zu lockern und den Pflanzenwurzeln entsprechende Wachstumspfade herzurichten. Dadurch gedeihen die Pflanzen besser und das Wurzelwachstum wird ungemein begünstigt. Dies wiederum fördert beispielsweise durch Wurzelausscheidungen das Bodenleben und schließlich die erstrebenswerte Lebendverbauung des Bodens zu einer stabilen Krümelstruktur. Im Laufe der Jahre kann dann die Bearbeitungsintensität schrittweise zurückgenommen und den Bodenorganismen überlassen werden.

Unkrautdruck

Der seit jeher geschätzte Vorteil der wendenden Bodenbearbeitung besteht darin, dass der Pflug auf einen Schlag „reinen Tisch“ macht, also zunächst alle Unkräuter und -gräser ausschaltet. Dadurch hat die Kulturpflanze nach der Saat zunächst keine Konkurrenz und kann sich ungestört entwickeln. Hingegen verbleiben bei der konservierenden Bodenbearbeitung immer Teile der Altverunkrautung an der Bodenoberfläche und haben damit gegenüber den Kulturpflanzen einen Entwicklungsvorsprung: der Konkurrenzdruck steigt. Deswegen sind Totalherbizide in konservierenden Verfahren häufig obligatorisch. Es ist also zu überprüfen, ob der Unkraut- und Ungrasdruck eine konservierende Bodenbearbeitung gestattet. Dabei ist mittelfristig auch in die Überlegung einzubeziehen, ob und in welchem Ausmaß Totalherbizide künftighin noch zur Verfügung stehen werden.

Krankheitsdruck

Pilzsporen und Ähnliches überdauern häufig an den Ernterückständen. Wenn dann beispielsweise Weizen in Selbstfolge angebaut wird, ist das Infektionsrisiko besonders hoch, wenn die Ernterückstände infolge konservierender Bodenbearbeitung an der Bodenoberfläche verbleiben. Der Anbau von Stoppelweizen erfolgt daher vorzugsweise nach Pflugfurche.

Ein etwas allgemeiner Umkehrschluss kann lauten, dass eine Extensivierung der Bodenbearbeitung eine Erweiterung der Fruchtfolge voraussetzt, oder häufig mit einem erhöhten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verbunden ist.

Autor: Dr. Michael Dreyer, Agrarberatung Dreyer