Humus – Dynamik und Aufbau

Der Humus ist der organische Anteil unserer Böden, dieser besteht zu 55 bis 60 % aus Kohlenstoff (C) und enthält die Nährstoffe Stickstoff (N), Phosphat (P) und Schwefel (S). Die Humusgehalte unserer Mineralböden liegen bei 1 bis 5 % (35 bis 175 t/ha bei 25 cm Krume) und sind vom Tonmineralgehalt abhängig. Je schwerer der Boden, umso mehr kann er Humus anreichern. Bei einem jährlichen Abbau von 0,1 % Humus werden pro Hektar bis zu 150 kg N und 10 bis 20 kg S und P pflanzenverfügbar. Hauptkulturen mit einer langen Vegetationszeit wie Rüben oder Mais können dies am besten nutzen. In der Humusaufbauphase werden diese Nährstoffe wieder gebunden. Bei einem dauerhaften Humusaufbau müssen Sie also berücksichtigen, dass nicht nur CO2 sondern auch N, P und S gebunden werden. Ein interessanter Schwefeldünger dazu ist Gips, der auch noch wasserlösliches Kalzium enthält. Granulierter Gips, z. B. GranuGips mit 20 % S und 28 % Ca, ist ein idealer Ergänzungsdünger für Betriebe, die reine N-Dünger ausbringen.

Zum Humus zählt die gesamte tote organische Masse von den Pflanzenresten bis zu den Huminsäuren sowie die lebende Biomasse (Mikroorganismen und Bodentiere), die ein Gewicht von 5 bis 20 t/ha einnehmen können. Die Einteilung erfolgt in Nährhumus (in Zersetzung befindliches Material) und Dauerhumus, der Jahrzehnte bis Jahrhunderte im Boden stabil ist. Dauerhumus besteht aus abgestorbenen Bodenlebenwesen. Die Menge, Zusammensetzung und Qualität des Dauerhumus ist entscheidend für die Fruchtbarkeit unserer Böden. Ein wichtiges Qualitätsmerkmal des Humus ist das C:N-Verhältnis, welches bei ca. 10:1 liegen soll. Humus hat das mehrfache an Kationenaustauschkapazität (KAK) wie Tonminerale. Ganz besonders wichtig ist deshalb seine hohe KAK auf tonarmen, sandigen Böden.

Die Quelle des Humus ist die Photosynthese, bei der aus CO2 und Sonnenenergie, Wasser und Nährstoffen, Biomasse in Form von Haupt- und Zwischenfrüchten gebildet wird. Die wachsenden Pflanzen liefern mit Wurzelexsudaten bereits wertvolle Nahrung für das Bodenleben, das die Ernterückstände (Wurzeln, Blätter, Stroh) zusammen mit den Wirtschaftsdüngern zersetzt und teilweise zu Humusstoffen verarbeitet. Einen günstigen Einfluss haben Fruchtfolgen mit mehrjährigem Kleegrasanbau, Zwischenfrüchten, reduzierter Bearbeitung und Rückverfestigung des Bodens. Bei Fruchtfolgen mit hohem Hackfruchtanteil wie Kartoffeln, Rüben, Silomais, Feldgemüse und häufigem Pflügen, wird der Humusgehalt der Böden reduziert.

Für die dynamischen Prozesse beim Auf- und Abbau von Humus ist ein intaktes Bodenleben die Grundvoraussetzung. Sind die Böden zu trocken, zu nass, zu kalt, zu sauer oder schlecht belüftet, ist die Zersetzung gehemmt. In neutralen- bis schwach sauren Böden (pH 6 bis 7,5) haben die erwünschten Bodenlebewesen ihre besten Lebensbedingungen. Bakterien und Pilze befinden sich im Gleichgewicht und Bodentiere wie die verschiedenen Arten von Regenwürmern können sich bei achtsamer Bewirtschaftung optimal entwickeln und den erwünschten nährstoffreichen Mullhumus aufbauen.

In einem biologisch aktiven Boden wird der Kohlenstoff komplett zu CO2 abgebaut. Damit Dauerhumus entstehen kann müssen Mechanismen greifen, die diesen Abbauprozess stoppen. Hier kommt wieder das Kalzium ins Spiel, das Huminstoffe und Tonminerale zu Ton-Humuskomplexen verknüpft. Diese Komplexe wiederum bilden Mikro- und Makroaggregate, in denen der Kohlenstoff vor weiterem Abbau geschützt ist. In tonmineralhaltigen Böden führt der sicherste Weg zum Humusaufbau über das Kalzium. Im weiteren Verlauf der Garebildung können die Mikroorganismen mit Hilfe ihrer Ausscheidungen (z.B. Glomalin von Pilzen) größere Aggregate und wasserstabile Krümel formen.

Der österreichische Bodenforscher Franz Sekera (1899 bis 1955) hat für diesen Prozess den Begriff „Lebendverbauung“ geprägt. Neben einem geordneten Kalkzustand sieht er im Schutz des Bodens durch eine Pflanzendecke oder Mulchschicht die wichtigste Voraussetzung. Sekera hat damals schon für den Zwischenfruchtanbau geworben, weil dieser die noch günstige Spätsommer- und Herbstzeit für einen Humusaufbau und die Nährstoffbindung im Boden ausnützt.

Bei pH-Werten unter 5,5 werden nicht wertvolle Huminsäuren sondern minderwertige Fulvosäuren gebildet, die einen hydrophoben Charakter haben. Sie behindern die Wasseraufnahme und -speicherung im Boden und haben eine geringere Strukturwirkung. In sauren sandigen Böden liegt der Humus zunehmend in partikulärer, ungebundener Form vor und wird bei Trockenheit regelrecht „vom Winde verweht“.

Die Chancen des Humusaufbaues durch ökologischen Landbau, konservierende Bodenbearbeitung oder regenerative Landwirtschaft werden meist hoffnungslos überschätzt. Der Humusaufbau mit Komposten, Pflanzenkohle etc. ist aufwändig und teuer. Eine Wertschöpfung über den Verkauf von CO2-Zertifikaten nützt vorerst nur den Startup-Unternehmen, die CO2-Sündern, deren schlechtes Gewissen durch den Verkauf dieser Zertifikate erleichtern. Damit dieses Geld dann auch beim Landwirt ankommt, muss dieser erst durch den CO2-Aufbau in Form von Humus im Boden nachweisen, was langfristig sehr schwierig ist. Humusaufbau sollten Sie deshalb vordergründig als Chance sehen, die Fruchtbarkeit und Ertragssicherheit Ihrer Böden zu verbessern.

Humusaufbau führt im Ackerbau nicht über eine extensive, sondern eine Intensive Pflanzenproduktion, denn diese liefert mehr Futter, Ernterückstände (Stroh oder Mist) und mehr Ertrag und Wurzelmasse zur Ernährung des Bodenlebens. Ein rentabler Pflanzenbau ist nicht in erster Linie von Düngung, Pflanzenschutz und Bearbeitung abhängig, sondern wird zunehmend vom Bodenzustand begrenzt. In einem kalkreichen Boden laufen die dynamischen Prozesse des Humusauf und -abbaus mit Nährstoffbindung und -freisetzung, Wasserspeicherung und Bodenbelüftung am besten ab. Eine gute Bodenstruktur, bei der der Humus eine zentrale Stellung einnimmt, ist für einen nachhaltigen Pflanzenbau die wichtigste Voraussetzung.

 

Autor: Max Schmidt