Schädlingskontrolle = Schädlingsregulierung? Gelbschalen und Pflanzenbonituren als Werkzeuge

Schädlingszuflug ist größtenteils eine lokale Angelegenheit. Wo einerseits örtlich mehrere Insektizidmaßnahmen notwendig sind, erntet man anderswo darüber nur Kopfschütteln. Über alle Kulturen hinweg hat sich die letzten Jahre die Wirkstoffverarmung bei den Insektiziden bemerkbar gemacht.

Der Hebel, um die Geschwindigkeit der Resistenzentwicklung zu beeinflussen, ist die Anwendungshäufigkeit der Insektizide zu begrenzen. Das funktioniert aber nur, wenn man weiß, was auf den eigenen Flächen los ist. Und hier kommt die Gelbschale ins Spiel. Sie erfasst im Herbst Rapserdfloh und im zeitigen Frühjahr die Stängelschädlinge Großer Rapsstängelrüssler und Gefleckter Kohltriebrüssler.

Aufgrund der fortgeschrittenen Vegetation treten dann die Rapsglanzkäfer und Schotenschädlinge in den Fokus, so dass diese etwas intensiver beleuchtet werden.

Versuchsergebnisse

Neben den klassischen Insektiziden, kamen in beiden Versuchen auch Alternativprodukte mit jeweils unterschiedlichen Anwendungsbedingungen zum Einsatz. Neudosan Neu, als Kaliumsalz natürlicher Fettsäuren, wirkt nur auf direkt getroffene Schädlinge. Tropfnass ausgebracht, profitiert das Produkt von einer langanhaltenden Blattfeuchte. Im Gegensatz dazu, bevorzugt Eradicoat, als Maltodextrin (Mehrfachzucker auf Basis von Glucose) eine schnelle Antrocknung. Beide Produkte wurden mit 600 Liter Wasser pro Hektar ausgebracht.

Bei der Bekämpfung des Rapsglanzkäfers erreichten die alternativen Präparate insgesamt nur Wirkungsgrade um die 50 Prozent. Auffällig waren die Schwankungen zwischen den Boniturterminen, die keine eindeutigen Rückschlüsse erlauben. Neudosan Neu ähnelt von der Wirkung ansatzweise einem Pyrethroid, allerdings mit deutlich geringerem Wirkungsgrad, und profitierte von ausbleibendem Neuzuflug. Trebon 30 EC zeigte eine starke Sofortwirkung, die auch lange anhielt, da kein neuer Zuflug nach der Behandlung einsetzte. Avaunt zeigte eine gute Dauerwirkung. Das Neonicotinoid konnte die Wirkung hingegen nicht bis zum Schluss durchhalten.

Der Befall mit Kohlschotenmücken lag in der Kontrolle deutlich unter dem Niveau der Versuche in den Vorjahren. Die Behandlungen zum Termin des Hauptzuflugs der Kohlschotenmücke mit Mavrik Vita, Neudosan Neu und Eradicot, zeigt die begrenzten direkten Einflussmöglichkeiten auf die adulte Mücke. Alle drei Produkte weisen eine ausgeprägte Kontaktwirkung auf, die bei so filigranen und bewegungsfreudigen Insekten, wie der Kohlschotenmücke, wenig zielführend ist.

Wirkungsgrade bestenfalls um 40 Prozent sind besonders bei stärkerem Zuflug in keinster Weise ausreichend. Biscaya, was als systemisches Mittel explizit auf die Larven wirkte, und deshalb nach dem Zuflug und der Eiablage eingesetzt wurde, ist nicht mehr zugelassen.

Bekämpfungsstrategie – bei Überschreitung der Bekämpfungsschwellen

Stängel- und Triebrüssler ohne Rapsglanzkäfer, können mit Pyrethroiden der Klasse II (z.B. Karate Zeon, etc.) in Schach gehalten werden. Treten allerdings neben den Stängelschädlingen auch gleichzeitig erste Rapsglanzkäfer auf, sollte Trebon 30 EC (B2) (Pyrethroid Klasse I) zum Einsatz kommen. Mavrik Vita/Evure (B4) hat gegen die Stängelschädlinge keine Zulassung.

Rapsglanzkäfer ohne Stängelrüssler ist ein Fall für Avaunt/Sindoxa. Diese Möglichkeit des Wirkstoffwechsels sollte auch genutzt werden. Der Einsatz darf aber nur so lange erfolgen, bis nichts blüht (B1). Sind Blüten vorhanden, kann Mavrik Vita/Evure (Pyrethroid I) zum Einsatz kommen. Mospilan SG/Danjiri (Neonikotinoid) kann ab diesem Jahr gegen Rapsglanzkäfer nur bis zum Stadium 59 eingesetzt werden. Hier wurde der Anwendungszeitraum seitens des BVL`s geändert.

Gegen Kohlschotenrüssler und Kohlschotenmücke gibt es streng gesehen eine Bekämpfungslücke. Zugelassen sind nur Pyrethroide. Diese wirken aufgrund der Pyrethroid-Resistenz der Kohlschotenrüssler nur noch eingeschränkt. Gegen die Kohlschotenmücke sind die Pyrethroide zwar theoretisch voll wirksam, da stellt sich jedoch die Frage nach der praktischen Anwendung. Selbst, wenn die Behandlung zum Zuflug durchgeführt wird, sind die Wirkungsgrade nur mittelmäßig. Treten noch mehrere Zuflugswellen, sprich zwei oder drei Generationen der Mücke auf, hat man mit Pyrethroiden keine Chance mehr. Da die Mücke nur bei warmen windstillem Wetter fliegt, kann der Zuflug auch nur phasenweise über wenige Stunden erfolgen. Des Weiteren hat ein Pyrethroideinsatz negative Auswirkungen auf die Rapsglanzkäfer parasitierenden Schlupfwespen. Eine gewisse Ausnahme bietet Mavrik Vita/Evure, welches einige Schlupfwespen schont. So gesehen kann man als Schadensbegrenzung zum Hauptzuflug der Mücke eine Randbehandlung, die Mücke fliegt nicht weit in den Bestand, mit Mavrik Vita/Evure durchführen. Auf keinen Fall das Pyrethroid zum Fungizid zum Vollblütenspritztermin „mitnehmen“. Diese langjährig durchgeführte Praxis ist in vielerlei Hinsicht kontraproduktiv.

Fazit

Jeder Insektizideinsatz muss hinterfragt werden. Dazu sollte sich grundsätzlich bei jeder Behandlung die Frage der Notwendigkeit gestellt werden. Die Bekämpfungsschwellen sind zu ermitteln und einzuhalten.

Mit Wirkstoffverarmung und weiterer Zunahme von Resistenzen treten einerseits Bekämpfungslücken zu Tage und andererseits muss man sich wohl an den Gedanken gewöhnen, nicht mehr von einer Bekämpfung, sondern einer Regulierung der Schadinsekten zu sprechen.

Die Resistenz der Pyrethroide ist schon lange nicht mehr nur auf den Rapsglanzkäfer beschränkt. Rapserdfloh, Grüne Pfirsichblattlaus, Schwarzer und Gefleckter Kohltriebrüssler sowie Kohlschotenrüssler haben spürbar nachgezogen. Folglich ist besonders die Anzahl der Anwendungen mit Präparaten aus der Wirkstoffgruppe der Pyrethroide zu überdenken.

Die inzwischen sehr stark eingeschränkte Wirkstoffverfügbarkeit lässt realistisch betrachtet eine optimale Anti-Resistenzstrategie nicht mehr zu. 

Kasten zur Bienengefährlichkeit - Auflagen einiger Insektizide im Raps

Bienenschutz

  • In Mischungen mit Fungiziden aus der Gruppe der Ergosterol-Biosynthese-Hemmer ändert sich die ursprüngliche Einstufung.
  • B2 bedeutet, bei blühenden Pflanzen ist ein Einsatz nur nach dem täglichen Bienenflug bis 23 Uhr möglich.
  • Alle B4-Insektizide haben die Auflage NN410 und sollten zum Schutz von Bestäuberinsekten bei blühenden Pflanzen nur abends eingesetzt werden.
  • Tankmischungen mehrerer bienenungefährlicher Insektizide (B4), werden als bienengefährlich (B1) betrachtet (addierende Effekte).

 

Autorin: Manja Landschreiber, LWK Schleswig-Holstein, Abteilung Pflanzenbau, Pflanzenschutz, Umwelt, Meesenring 9, 23566 Lübeck
Kontakt: mlandschreiber@lksh.de, 0451-31702025