Dünger ist kein „Bullshit“

Dünger ist kein „Bullshit“

Brot aus der Luft

Bereits Justus von Liebig erforschte und lehrte, dass die Nährstoffaufnahme von Pflanzen die Grundlage ihres Wachstums ist. Mit dem bis heute in der landwirtschaftlichen Ausbildung benutzten Bild der „Liebigschen Tonne“ beschrieb er, dass jener Nährstoff, der in seiner Gesamtheit am geringsten verfügbar ist, derjenige ist, welcher das Wachstum der Pflanze begrenzt.

Mit Dung, Kompost und Dreifelderwirtschaft half man sich bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. Jedoch hat der englische Chemiker William Crookes bereits 1898 prognostiziert, dass der Welt eine Hungersnot drohe, wenn man es nicht schaffen würde, den Luftstickstoff chemisch zu fixieren und somit zur Düngung nutzbar zu machen.

Haber-Bosch-Verfahren weltweit etabliert

Das Haber-Bosch-Verfahren ist das einzige weltweit, welches sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute durchgesetzt hat. Vereinfacht beschrieben wird hierbei aus Luftstickstoff und Wasserstoff Ammoniak hergestellt. Dass zu diesem Prozess noch einiges mehr als nur Luft und Wasser gehört, ist hinlänglich bekannt und kann im futurea Science Center, dem Wissenschaftszentrum der SKW Piesteritz, in Lutherstadt Wittenberg sogar erlebt werden.

Wissenschaftler um den Niederländer Jan Willem Erisman haben 2012 veröffentlicht, dass etwa 48 Prozent der Weltbevölkerung satt wird, weil die Forderung William Crookes umgesetzt werden konnte. Andersherum formuliert bedeutet dies, dass durch den gänzlichen Verzicht auf fossile Energie und damit auf das Haber-Bosch-Verfahren die Ernährung für rund 3,8 Milliarden Menschen nicht länger gewährleistet werden könnte.

„Bullshit“ ist sehr wohl Dünger

Organische Düngemittel, auch Kreislaufwirtschaftsdünger genannt, sind eine wertvolle Nährstoffquelle, die in der breiten Bevölkerung aber auch in Teilen der Landwirtschaft einen schlechten Ruf haben. Zu Unrecht, weil die Kreislaufwirtschaft nachhaltig ist. Der enthaltene Phosphor – ein endlicher Rohstoff – sowie das enthaltene Kalium werden verlustfrei immer wieder auf den Acker gebracht. Den enthaltenen Stickstoff hat man über die Jahre durch verbesserte Ausbringmethoden und nicht zuletzt durch den Zusatz von Nitrifikationsinhibitoren kalkulierbarer gemacht. Trotzdem liegt für den Praktiker hier „der Hase im Pfeffer“: Der Stickstoff aus organischen Düngemitteln ist sehr viel schwerer zu kalkulieren und die Ausbringung ist bedeutend verlustgefährdeter. Vor allem das Ammoniak-Verlustpotential aus Gülle ist ein Knackpunkt bei der Stickstoffeffizienz, den es zu lösen gilt. Das Ansäuern von Gülle wird aktuell z.B. in Niedersachsen unter bestimmten Bedingungen gefördert und ist eine sehr sichere Methode, um die Ausnutzung des im Kreislauf befindlichen Stickstoffs zu erhöhen.

Sicher düngen mit Mineraldüngern

In manchen Regionen wird der wesentliche Teil der Düngung mit Gülle und Gärsubstrat erledigt, in einigen sogar die gesamte Düngung. Zuverlässiger wird die Pflanzenernährung jedoch, wenn zur organischen Düngung eine mineralische Ergänzungsdüngung erfolgt. Zum einen limitiert die Düngeverordnung den Gesamtstickstoff aus organischen Düngemitteln auf maximal 170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar oder den Gesamtbedarf der Kultur. Zum anderen ist über die Düngebedarfsermittlung oft die Phosphormenge der limitierende Faktor für den organischen Stickstoff. Sicher wirkt eine Kombination beider Düngequellen. Ein Faustwert für die Getreideproduktion ist eine Aufteilung auf zwei Drittel Stickstoff aus organischer und ein Drittel aus synthetischer Herkunft – im Idealfall Stickstoff aus Piesteritz.