Gülle des Nachbarn nutzen

Vieh haltende Betriebe oder auch Biogasanlagenbetreiber mit wenig eigener Fläche stehen unter Druck, die anfallende Wirtschaftsdüngermenge kann nicht mehr vollständig auf den eigenen Feldern ausgebracht werden. Der Grund sind höhere Anrechnungsfaktoren für die Wirksamkeit im Anwendungsjahr und die Anrechnung von Herbstgaben für die Frühjahresdüngung.

Man sollte sich nicht überrumpeln lassen, es ist vielmehr Zeit viehstarke Betriebe oder Biogasanlagenbetreiber anzusprechen. Gerade jetzt werden wieder Engpässe spürbar und bietet aufnehmenden Betrieben eine gute Zeit zu verhandeln. Eine professionelle Planung ist aber die unbedingte Voraussetzung.

Die erste Frage muss sich mit den politischen Rahmenbedingungen befassen: Will der aufnehmende Betrieb die nötige Dokumentation? Hier ist ein erheblicher Mehraufwand, je nach Programm für die Ackerschlagkartei, einzuplanen. Eventuell ist auch eine Schulung beim zuständigen Landkreis anzuraten.

Die zweite Frage muss sich mit den Gülle-verwertenden Kulturen befassen. Typische Marktfrüchte kommen durchaus in Betracht. Ein Roggen kann mit 50 bis 70 Prozent Stickstoff aus Gülle ernährt werden, bei Qualitätsweizen sollte das Gewicht auf Mineraldünger liegen. Als aufnehmender Betrieb sollte Raps nur für Herbstgülle (vor der Saat) eingeplant werden. Auch Körnermais kann die eine oder andere Fruchtfolge auflockern. Gut geeignet sind auch Stärkekartoffeln oder Zuckerrüben. Für Speisekartoffeln oder zur Pommesproduktion schließt sich der Einsatz von Wirtschaftsdünger aus, genauso gilt das auch für Braugerste oder Babynahrung. Überall dort, wo eine mögliche Stickstoffnachlieferung aus dem Boden die Qualität negativ beeinflussen kann, sollten Wirtschaftsdünger nicht eingesetzt werden.

Die dritte Frage muss sich mit der Anwendungshäufigkeit befassen, da Gülle nicht öfter als alle drei Jahre auf der gleichen Fläche eingesetzt werden sollte. Wird dieser Empfehlung nicht gefolgt, gibt es massive Probleme mit Lagergetreide, Akkumulation von Nährstoffen (K2O, P2O5), welche nicht vom Pflanzenbestand entzogen werden, und es kann zu Strukturproblemen im Boden kommen, was nicht zuletzt von der Applikationsmenge abhängt.

Die vierte Frage muss sich mit dem Unkrautspektrum des liefernden Betriebes befassen. Sind im Betrieb Problemunkräuter wie Ackerfuchsschwanz, Trespe sowie auch schwer bekämpfbare Hirsearten ein Problem oder gibt es sogar resistente Populationen? Dies kann ein KO-Kriterium sein, da viele Unkrautsamen in Biogasanlagen oder im Verdauungssystem der Tiere überleben.

Die fünfte Frage kann sich nachdem alle vier Fragen positiv beantwortet wurden mit der technischen Umsetzung befassen, wozu das KTBL zur Rate gezogen werden kann. Gülleausbringung ist je nach Entfernung teurer als man denkt. Es müssen je Kubikmeter und Entfernung sowie Ausbringtechnik drei bis fünf Euro eingeplant werden. Demgegenüber steht der Wert der Nährstoffe im Wirtschaftsdünger, welche bei richtiger Anwendung voll zur Wirkung kommen können. Aus der Aufstellung der Kosten und der Opportunität wird dann schnell ersichtlich, welchen Preis man für den Zukauf ausgeben kann. Aber auch hervorragend bezahlte Gülle muss nicht immer ein gutes Geschäft sein.

Als Fazit bleibt, dass die Aufnahme von Gülle durchaus positive Auswirkungen für Boden und Pflanzenbestand haben kann. Der Bleistift muss aber in Zeiten günstiger Mineraldünger gut angespitzt sein. Generell sollte das Verfahren über mehrere Jahre (mehr als 5 Jahre, besser 10 Jahre) geplant werden. Die Auswirkungen und die Mehrarbeit, auf Grund der politischen Vorgaben muss abgewogen werden.