Ende gut, alles gut?

Nein, das kann man nach dieser nassen Ernte nicht sagen. Auch, wenn die Erträge oft ortsüblich waren und die knappe Fallzahl allein nicht zur Futtereinstufung beigetragen hat, so bleibt ein fader Beigeschmack. Die Agrarinfrastruktur ist nicht mehr ausreichend auf außergewöhnliche Ereignisse eingestellt. Der Bauer hatte kaum eine Wahl. Man musste zusehen wie das Getreide täglich dem Boden näher kam und der Durchwuchs darüber hinaus schoss. Zum einen, weil keine Sikkation (nur noch Teilflächen im Lager auf denen die Erntetechnik versagt) mehr möglich ist, zum anderen gibt es nur noch eine sehr geringe Trocknerkapazität in Brandenburg. Spätestens mit der Energiekrise wurden die Gaszähler demontiert. Hatte die Ernte wenige Tage gut funktioniert, so wurde die Logistik im Hintergrund zum Flaschenhals. Viele Standorte haben in den letzten 10 Jahren die Tore für immer geschlossen, andere wurden nicht modernisiert, die Wege wurden weiter und die Betriebe haben sich auf Grund sehr schlechter Ernten nicht darauf einstellen können. Bisher ging ja auch vieles nochmal gut. Ein weiterer Punkt ist die verbreitete Technik. Moderne Mähdrescher sind kaum mehr in der Lage Getreide mit Durchwuchs oder Flachlager ordentlich zu dreschen. Die Gefahr sich einen „Fuchs“ (Schneidwerk bis zum Rotor) zu fangen ist hoch und so blieben viele Mähdrescher weit unterhalb der üblichen Stundenleistung bei knappen Druschstunden zwischen den nahezu täglichen Schauern. Die Häckselleistung ist bei klammen Stroh nicht ausreichend und bei der Querverteilung gab es 2023 merklich Reserven, was natürlich auch an der Arbeitsbreite liegt. Bei sonnigem Wetter gibt es zu viele Probleme mit Hitze- und Brandentwicklung, insgesamt also technisch versierte Maschinen mit geringem Gebrauchswert bei hohem Wartungs- und Reparaturaufwand.

Systematische Betrachtungen helfen den Alltag zu bewältigen

Es ist wieder soweit. Mit der Aussaat wird die nächste Ernte möglich gemacht. Organismen haben ein Gedächtnis. Nicht immer ein ganzes Nervensystem aber sie reagieren auf die Umweltbedingungen. Einen schlechten Start kann der Raps im Vergleich der Kulturarten noch am besten kompensieren, aber bei welchen Parametern führt der Bauer eigentlich die Zügel?

Aller Anfang liegt im Boden. Dieser ist im Moment ausreichend feucht, um den Raps sicher auflaufen zu lassen. Dennoch, es handelt sich um sehr kleine Samen. Diese benötigen einen hervorragenden Bodenschluss und dürfen nicht zu tief abgelegt werden (2,5cm ± 1cm). Bei der Saat sollte daher nicht zu schnell gefahren werden.

Vor der Saat stellt sich aber die Frage nach der Nährstoffversorgung und zur Systematik. Die Versorgung mit Stickstoff ist vor allem von der Bodenbearbeitung, vom Strohmanagement und von einer möglichen Güllegabe zur Vorfrucht (bzw. wiederkehrende Wirtschaftsdünger über Jahre) abhängig, über Residualstickstoff muss auch gesprochen werden.

Ein tiefe Bodenbearbeitung, ob wendend oder mischend, kurbelt die N-Mineralisierung an. Es entstehen grobe Poren in denen sich Niederschlagswasser nicht hält, die Poren füllen sich mit Luft und die N-Freisetzung wird unterstützt. Eine N-Freisetzung aus organischer Masse kann aber nur erfolgen, wenn der Boden dauerhaft leicht „verdauliche Kost“ erhält. Hier können Zwischenfrüchte (C:N etwa 25:1), Körnermaisstroh (C:N etwa 40:1)  (z.B. zweitletzte Vorfrucht), langjährige Güllegaben oder Mist (Herbst C:N enger als 20:1) vor der Vorfrucht Getreide durchaus unterstützend wirken aber auch eine Gülle- oder Gärrestgabe aus dem Frühjahr kann N-Mengen übertragen. Wenn man die Aussagen in eine Formel pressen möchte, könnte man sagen, je enger das C:N Verhältnis des zugefügten Substrates, umso schneller erfolgt die Umsetzung während der Vegetationsperiode und desto weniger wahrscheinlich ist eine Übertagung auf die nächste Frucht.

Problematisch wird es bei einem weiten C:N Verhältnis, wie zum Beispiel bei Getreidestroh (80:1). Hier stellt sich ein Fließgleichgewicht zu Ungunsten der Rapspflanze ein. Freier Stickstoff wird bei der Rotte des Strohs verbraucht und steht den Kulturpflanzen nicht zur Verfügung. Grob gesagt gibt es zwei Wege um mit hohen Strohmengen umzugehen. Der erste ist die tiefe, mischende Einarbeitung nachdem das Ausfallgetreide aufgelaufen ist. Der zweite Weg ist die Direktsaat von Raps. Das Stroh bleibt nach einer optimalen Verteilung an der Oberfläche und wird später durch das Bodenleben eingearbeitet. Für Variante eins bleibt wenig Zeit, außer Gerste war in diesem Jahr die Vorfrucht. Gegen beide Varianten spricht eine geringe Häckselqualität (feuchtes Stroh) und eine hohe Stoppel. Hier sind gegebenenfalls noch zusätzliche Arbeitsgänge nötig. Die Direktsaat löst das Problem allerdings nicht. Es wird lediglich zeitlich verschoben. Spätestens im folgenden Frühjahr muss die säumige N-Menge für die Rotte aufgeschlagen werden. Das kann unter der aktuellen Rechtslage (Anrechnung der verfügbaren N-Mengen aus dem Herbst auf die DBE) in Fällen einer Düngung mit Mineraldünger von Vorteil sein.

Zu bilanzieren wäre auch eine mögliche Stickstoffhinterlassenschaft der Vorfrucht (Residual-N). Weil alle anderen Früchte außer Getreide ohnehin keine N-Düngung zulassen (DüV), kann es sich nur um eine allzu große N-Düngung zur Vorfrucht handeln, welche nach schwachem Ertrag (inklusive Verrechnung Proteinkonz.) noch vorhanden ist (findet sich im Nmin wieder).

Wer nicht ohnehin Wirtschaftsdünger vor der Saat appliziert, muss also darüber nachdenken, ob auch der Zukauf von Mineraldünger sinnvoll sein kann und natürlich sollte dabei auch sofort wieder an die Schwefelversorgung gedacht werden. Bei einer Entscheidung zu Gunsten einer Düngung zu Raps sollte der Zeitpunkt möglichst nahe an der Saat liegen, gern auch davor. Flüssigdünger wird zwischen Auflauf und voll entwickeltem Vierblattstadium vom Raps nicht vertragen. Das kann bei einer Septembersaat knapp werden. Granulat kann immer appliziert werden. Für jede Art der N-Düngung gilt aber, dass am 1. Oktober damit Schluss ist. Für eine sichere N-Aufnahme in die Pflanze sollte in der ersten Septemberhälfte appliziert werden. Ideal wäre direkt vor der Saat, wobei 30 kg N/ha + Schwefel + Bor oft ausreichend sind.