Überschreitung der Düngebedarfsermittlung beantragen

Nach der gültigen Fassung der DüV 2017 mit den Änderungen im Jahr 2020 (§ 3 Absatz 3) ist die „Überschreitungen des nach Satz 1 ermittelten Düngebedarfs um höchstens zehn Prozent beim Aufbringen von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln zulässig, soweit auf Grund nachträglich eintretender Umstände, insbesondere Bestandsentwicklung oder Witterungsereignisse, ein höherer Düngebedarf besteht.“

Diese Ereignisse sind im Jahr 2023 häufig gegeben, damit sollte beim zuständigen Landwirtschaftsamt (zwingend notwendig) in jedem Fall für alle landwirtschaftlichen Nutzflächen, welche mit Kulturpflanzen bewachsen sind, ein Antrag in diesem Sinne gestellt werden.

Begründet kann dieser Antrag mit den folgenden Ausführungen:

Die Winterungen konnten sich im Herbst aufgrund des überdurchschnittlich warmen Oktobers hervorragend entwickeln. Die Wurzeln der Bestände haben sich bereits im Spätherbst als sehr gut entwickelt gezeigt, die Wurzeldichte und der Wurzeltiefgang sind besser ausgeprägt als in üblichen Jahren.

Im Frühjahr 2023 gab es flächendeckend unerwartet viel Niederschlag mit einer hervorragenden Verteilung ohne Starkniederschläge. Die nutzbare Feldkapazität ist im gesamten Land Brandenburg aktuell über 90 %. Damit ist eine Ausnahmesituation im Vergleich der letzten fünf Jahre eingetreten, auch weil die Durchfeuchtungstiefe sehr groß ist. Die Wasserbilanz war im Winter und auch im Frühjahr bis zum heutigen Tag weitestgehend positiv. Die Niederschlagssumme ist also größer als die Summe der Verdunstung. Zur Quantifizierung wird auf den Deutschen Wetterdienst verwiesen.

Die Prognosemodelle geben bisher keine hohen Abweichungen der Temperatur zum langjährigen Mittel an, damit sind die Aussichten auf weniger heiße Temperaturen bisher zufriedenstellend.

In den vergangenen Jahren verringerte sich der Wasserbodenvorrat bereits ab Anfang März aufgrund von ausbleibenden Niederschlägen und nach oben hin abweichenden Mittel- und Maximaltemperaturwerten (Verdunstung > Niederschlag). Im Jahr 2023 ist aufgrund von weiteren Niederschlagsprognosen und milden Temperaturen nur mit einem langsamen Absinken der nutzbaren Feldkapazität (pflanzenverfügbares Wasser im Boden) zu rechnen. Daher ergibt sich rechnerisch ein Wasservorrat im durchwurzelbaren Boden (Verweis auf hervorragende Wurzeln), welcher bis in die Kornfüllung reichen wird, selbst wenn sich die Niederschläge unterhalb des langjährigen Durchschnitts fortsetzen, milde Temperaturen unterstützen diese Sachlage.

Auch die Historie der Erträge der Jahre 2018 bis 2022 (fünf Jahre) und die Düngepraxis mit verminderten N-Mengen pro Flächeneinheit auf Grund sehr hoher Düngemittelpreise im Erntejahr 2022 zeigen rechnerisch herabgesetzte Erträge und damit eine abgewertete DBE an. Derzeit sind die Preise für Stickstoffdüngemittel in Europa stark gefallen, eine zusätzliche N-Menge ist daher ökonomisch sinnvoll.

Eine granulierte Düngung kann bis zum Ährenschieben empfohlen werden. Termine bis zum BBCH 39 haben sich aber als zielführend erwiesen. Soll Flüssigdünger genutzt werden, muss dieser ab dem BBCH 37/45 im Verhältnis 1:4 mit Wasser verdünnt werden, weil die Ähre auch seitlich austreten kann und von Flüssigdünger verätzt wird. Für Raps muss die Düngung vor der Blüte abgeschlossen werden. Auch hier gilt der Verdünnungsgrundsatz bei Flüssigdünger. Es empfiehlt sich der Einsatz von Mischdüngern mit Stickstoff und Schwefel unterhalb des Verhältnisses von 5:1 um mit dem zusätzlichen Schwefel die Proteinqualität und -menge im Korn und die physiologische Umsetzung des zusätzlichen Stickstoffs zu gewährleisten.

Zusammenfassung

Aufgrund der guten Voraussetzungen der Winterungen und des Wetters werden die Kulturpflanzen physiologisch deutlich weniger durch Trocken- und Hitzestress und deren Auswirkungen limitiert sein. Es spricht viel für ein deutlich erhöhtes Ertragspotential bei guten Qualitäten. Um dieses Potential auszunutzen, ist die Überschreitung der DBE zwingend erforderlich, wobei die zu genehmigenden zehn Prozent als nicht ausreichend kalkuliert werden können. Zur Absicherung der Backqualität, welche für die Humanernährung unerlässlich ist, sollten Mehrnährstoffdünger mit Stickstoff und Schwefel zur letzten Gabe genutzt werden.