Herbstdüngung – letzte Chance nutzen

Es stellt sich immer wieder die Frage nach der richtigen Strategie beim Rapsanbau: Muss die Stickstoffgesamtmenge zur Saat hin (Herbstanwendung) gesplittet werden oder ist die reine Frühjahresdüngung die effektivste Methode? Vorweg, die Gelehrten sind sich dazu nicht ganz einig. Es gibt eine ganze Reihe von Versuchen dazu. Oft hat die zusätzliche Herbstdüngung keine Ertragseffekte erzielen können, aber es gibt auch mehr als eine Handvoll Veröffentlichungen, die das Gegenteil belegen. Ein Fakt gab es seinerzeit aber nicht zu beachten, die Herbstdüngung war eine zusätzliche Stickstoffmenge. Nach den heutigen Regeln der Düngeverordnung ist die Herbstdüngung auf die Düngebedarfsermittlung im Frühjahr anzurechnen.

Anrechnung der Herbststickstoffmenge

Auf vielen Betrieben bekommt der Raps im Spätsommer vor der Saat Wirtschaftsdünger aller Art. Auch dieser Stickstoff ist im Frühjahr abzuziehen. Hier muss der sofort verfügbare Stickstoff, entspricht dem Ammonium-Anteil im Wirtschaftsdünger, und 10 Prozent der fehlenden Differenz zur Gesamtstickstoffkonzentration summiert werden. Bei mineralischem Dünger, ob flüssig oder fest, ist die Rechnung überflüssig, es müssen immer 100 Prozent der applizierten Stickstoffmenge angerechnet werden. Dieser Fakt spricht erstmal nicht für eine Herbstdüngung mit Mineraldünger, weil die Frühjahresmenge 1:1 reduziert wird. Dennoch, Raps hat im Herbst ein enormes N-Aufnahmevermögen, lediglich zeitig gesäte Zwischenfrüchte, welche im angelsächsischen Raum passend „catch crops“, genannt werden, können die Herbststickstoffaufnahme noch übertreffen. Die Stickstoffaufnahme lässt sich im Herbst überprüfen, diese Messungen sind direkt vor Vegetationsende weit verbreitet. Ob nun per Spektralfarbmessung oder per Grünmassewägung, es wird immer nur ein Teil der bereits aufgenommenen Stickstoffmenge von der Frühjahresdüngung abgezogen. Die Düngeverordnung ist daher als sehr strikt zu bewerten und die Herbstdüngung sollte gut überlegt sein.

Die 60/30 Regel hat Bestand

Es dürfen weiterhin nur wenige Kulturen im Herbst gedüngt werden, dazu zählt unter bestimmten Fruchtfolgevoraussetzungen auch der Raps bei einer Saatzeit bis zum 15. September. Hat der Raps die Vorfrucht Getreide (nicht Teil der Negativliste), dürfen bis zu 60 Kilogramm (kg) Gesamtstickstoff pro Hektar gefahren werden, jedoch nur 30 kg Ammoniumstickstoff pro Hektar. Diese Regel ist vor allem im Zusammenhang mit Gülle relevant. Geltung hat sie aber auch für Mineraldünger. Die Ausnahme von der Ausnahme ist Ackerland, welches langjährig mit organischen Düngern bedacht wurde (mindestens fünf Jahre in Folge) oder sehr hohe Phosphatgehalte aufweist. Hier darf Raps nach Getreidevorfrucht nicht im Herbst gedüngt werden. Ob eine Düngung grundsätzlich zulässig ist, muss vorher unbedingt im jeweiligen Bundesland geprüft werden (Vorfrüchte, Wirtschaftsdünger). Generell gilt, dass die Düngungsmaßnahme am 1. Oktober abzuschließen ist. Eine vorherige Dokumentation ist selbstverständlich. In den roten Gebieten ist eine Nmin-Beprobung in bis zu 60 Zentimetern Tiefe (je nach Bundesland) Voraussetzung für eine Düngemaßnahme mit Stickstoff im Herbst zu Raps. Der Grenzwert der Nmin-Probe liegt bei 45 kg Nmin pro Hektar (ha). Wird der Wert überschritten, ist eine Herbstdüngung nicht zulässig.

Eine Frage des Managements

Es kann nicht dazu geraten werden die Düngeentscheidung in Abhängigkeit der Herbstentwicklung des Rapses hinauszuzögern, weil die Wirkung des Hauptnährstoffes dann in aller Regel zu spät kommt und nur ein kleiner Teil der applizierten Menge den Weg in den Pflanzenbestand findet, wenngleich optische Effekte sehr wohl wahrnehmbar wären. Die überschüssige Menge vagabundiert irgendwo im Boden umher, gegebenenfalls wird sie in Bodenorganismen eingebaut. Das wäre durchaus akzeptabel, weil man den Stickstoff (N) dann im Frühjahr wiederfindet. Aber auf leichten Böden kann die freie N-Menge auch einfach über den Winter in den Kies unterhalb der Krume unwiederbringlich verlagert werden. Auch dann muss natürlich 1:1 im Frühjahr von der Düngebedarfsermittlung abgezogen werden.

Eine Reihe von Bedingungen, welche von der Vorfrucht ausgehen, können aber dennoch zu einer Düngeempfehlung führen. Bei hohen Strohmengen, die auf dem Acker bleiben, ist eine Düngung in Betracht zu ziehen. Gerade Getreidestroh hat ein sehr weites Verhältnis zwischen Kohlenstoff und Stickstoff. Das heißt: viel Kohlenstoff im Koppelprodukt trifft auf eine sehr geringe Stickstoffkonzentration im Selbigen. Das Bodenleben, pflanzlicher wie tierischer Natur, kann aber bei der Zersetzung des Strohs (Rotte) selbst nur körpereigene Substanz aufbauen, wenn ausreichend Stickstoff zum vorhandenen Kohlenstoff ergänzt wird. Dieser Stickstoff kommt dann aus dem Bodenpool und steht der Kulturpflanze nicht zur Verfügung. Ist der Boden sehr trocken oder ist nicht ausreichend Stickstoff vorhanden, wird die biologische Bodenaktivität begrenzt, die Rotte stagniert, das Wachstum des Rapses ebenso. Ein Ausweg aus der Strohfalle kann bereits beim Anbau der Vorfrucht angelegt werden, indem Felder, auf denen das Stroh bleibt und Raps folgt, nach DBE bereits in der Vegetationszeit voll ausgedüngt werden. Eine Strohausgleichsdüngung bleibt weiterhin verboten. Für den folgenden Raps ist gepresstes Stroh sowohl für den Feldaufgang, für die Schneckenbekämpfung als auch für die Nährstoffversorgung eine Wohltat. Eine tief einmischende Bodenbearbeitung kann bei weiteren Vorteilen (Humusaufbau, Infiltration) die ersten beiden Probleme lösen.

Damit kommen wir zum zweiten Ansatzpunkt: eine Herbstdüngung kann sinnvoll sein, wenn der Ertrag der Vorfrucht, in der Regel Getreide, trotz knapper Stickstoffversorgung überdurchschnittlich war. In diesem Fall müsste von einer geringen residualen Stickstoffmenge ausgegangen werden. Eine Nmin-Probe kann hier Gewissheit bringen. Ist die Ernte trotz voller Ausdüngung in Ertrag und Qualität schlecht, so sollte noch ausreichend Nährstoff für die Herbstentwicklung des Rapses bereitstehen. Eine gedankliche Analyse der misslungenen Vorfrucht sollte aber dennoch erfolgen, nicht, dass sich der unentdeckte Fehler im Raps fortsetzt.

Späte Saaten haben einen höheren Anspruch an eine unterstützende Stickstoffdüngung, in den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass die erste Septemberwoche noch zu einer befriedigenden Herbstentwicklung des Rapses führt, wenn die Nährstoffverfügbarkeit im Boden nicht begrenzend wirkt.

Bei einer zeitigen Düngung, Ende August/Anfang September, reichen oftmals 30 kg N/ha aus, um die Bodenaktivität zu unterstützen. Ab Anfang September wird es meistens kühler und es fällt regelmäßig Niederschlag, welcher nicht sofort wieder verdunstet. Das Bodenleben beginnt zügig mit der Zersetzung der Erntereste im noch warmen Boden. Zeitig applizierter Dünger bietet daher einen verfügbaren N-Pool. Bei Maßnahmen, welche erst mit einer zu schwachen Rapsentwicklung in Betracht gezogen werden, kann der zeitliche Vorsprung auch mit erhöhten N-Mengen pro Hektar nicht aufgeholt werden.

Flüssig- oder Feststoffdünger

Junger Raps ist empfindlich gegen Flüssigdünger, auch eine sehr gute Qualität wird von den Keimblättern und jungen Laubblättern nicht vertragen. Auch die Applikation mit Flüssigdüngerdüsen kann den Raps nicht vor Verätzungen schützen. Daher darf Flüssigdünger nur deutlich vor dem Auflaufen, zur oder vor der Saat, oder nach der Entwicklung des vierten Blattes appliziert werden. Für Feststoffdünger gilt das nicht, hier ist eine Applikation grundsätzlich nicht phytotoxisch.

Fazit

Die Details der Düngeverordnung müssen in jedem Bundesland geprüft werden. Generell gilt nur, dass Raps auf Ackerland, welches nicht langjährig mit Wirtschaftsdünger bedacht wurde nach der Vorfrucht Getreide mit bis zu 60 kg N/ha gedüngt werden darf, wenn die Saatzeit vor dem 15. September liegt und der Stickstoffdünger vor dem 1. Oktober appliziert wird. In roten Gebieten ist die vorherige Nmin-Beprobung Voraussetzung.

Eine Düngung ist angebracht, wenn von geringen Residualstickstoffmengen nach der Ernte der Vorfrucht ausgegangen werden kann. Bleiben hohe Strohmengen auf dem Acker, so ist eine Düngung und mehrmalige Bodenbearbeitung oft unumgänglich. Späte Saaten haben die Unterstützung mit Stickstoff nötiger als frühe Saaten, weil im Herbst kaum mehr nachjustiert werden kann.

Flüssigdünger eignet sich erst nach BBCH 14 zur Anwendung im Raps (Gefahr der Blattverätzung). Späte Saaten erreichen das Entwicklungsstadium erst Ende September. Idealerweise sollte aber auch Festdünger vor dem Abschluss der ersten Septemberdekade fallen, um noch in großen Anteilen pflanzenphysiologisch wirksam zu werden. Das gilt für alle N-Formen gleichermaßen.