Erzeugung von Solarstrom auf Ackerland

Die Bereitstellung von Strom aus erneuerbaren Energien ist ein Baustein der Ampelkoalition, um die Energiewende voran zu bringen. Natürlich denkt man dabei an Windkraftanlagen und Solarstrom, denn diese zwei Technologien sind bereits aus den Kinderschuhen herausgewachsen. Die Bundesregierung möchte die Standorte für Anlagen dieser Art ausweiten. Das betrifft nicht nur Windkraftanlagen auf hoher See oder im Wald, auch große Solarfelder auf Ackerland müssen in die Diskussion miteinbezogen werden.

Energiewende in der Lausitz

Es liegt nichts näher als sich an den Ort der Energiewende selbst zu begeben. In Brandenburg ist das die Lausitz, denn hier wird aktuell noch Braunkohle aus dem Tagebau gewonnen. Ab 2030 sollen hier die Bagger ruhen. Die Liste der aktiven und bereits erschöpften Gruben ist im Lausitzer Revier lang. Nahezu die ganze Region wurde im letzten Jahrhundert einmal umgedreht. Ein Blick über den Tagebau Welzow Süd zeigt das Ausmaß des Abbaus. Die Bergbaufolgelandschaft muss rekultiviert werden. Die bereitstellenden Eigentümer haben ein Recht auf Wiederherstellung und Rückgabe. Es sollen wieder Wald, Wasserflächen und fruchtbarer Acker entstehen. Die Rekultivierung hat natürlich schon vor Jahrzehnten begonnen und ist kein Phänomen der heutigen Zeit. Aber steht Acker aus der Rekultivierung automatisch für die Energieerzeugung mit Solarstrom zur Verfügung, weil der Strom eben gerade dringend gebraucht wird? Die Antwort auf diese und andere Fragen zur Solarenergie wird uns Frank Schneider von der Agrargenossenschaft eG Heinersbrück geben. Herr Schneider ist Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft. Außerhalb seiner beruflichen Verpflichtungen ist er im Bauernverband sehr aktiv.

Ackerbau nach der Rekultivierung bei der Agrargenossenschaft eG Heinersbrück

Die Agrargenossenschaft bewirtschaftet ca. 1.000 Hektar (ha) landwirtschaftliche Nutzfläche, davon entfallen ca. 300 ha auf Kippenflächen, die aus der Rekultivierung stammen. Die ersten Flächen um den Tagebau in Jänschwalde, östlich von Cottbus, wurden bereits in den 80er Jahren zur Wiederbewirtschaftung freigegeben. 1974 hatten Bagger hier die erste Kohle gefördert. In näherer Zukunft sind noch einmal knapp 400 ha Acker nach der bergbaulichen Nutzung zur Rückgabe vorgesehen. Die Fruchtfolge auf den leichten Standorten ist einfach gestrickt. Für das Milchvieh wird Silomais (25 Prozent der Betriebsfläche) benötigt. Es werden 280 Kühe gemolken und selbst remontiert. Insgesamt hält der Betrieb 700 Rinder.  Der Liegeboxenlaufstall wurde im Jahr 2017 einschließlich Melkzentrum grundlegend saniert. Die Tiere werden auf Stroh gehalten, weshalb reichlich Mist anfällt. In der Gemarkung dominiert Roggen, gefolgt von Triticale. Weizen bleibt eine untergeordnete Fruchtart. Mit Gerste belegt Getreide etwa 50 Prozent der Ackerfläche. Ergänzt wird der Anbau mit Raps, Sonnenblumen, Luzerne und Kartoffeln zur Direktvermarktung. Auf wenigen Hektaren wird auch Soja angebaut. Der Grünlandanteil ist mit 120 ha gering.

Photovoltaik als neues Standbein

Erste Erfahrung mit Photovoltaik wurde mit einer Dachanlage gesammelt. Diese hat eine Leistung von 600 Kilowattpeak (kWp) und ist auf den Eigenverbrauch ausgelegt. Seit 2012 ist die Anlage am Netz und leistet einen guten Dienst. Aktuell plant die Agrargenossenschaft eine Anlage für 30 ha auf landwirtschaftlicher Nutzfläche.

Der Vorteil für die Agrargenossenschaft liegt in einem zusätzlichen Standbein, welches zwar auch ein wenig vom Wetter abhängt, aber bei einem geringen Bewölkungsgrad in der Region zusätzliche Einnahmen bringt, was für die Ackerkulturen in Zeiten des spürbaren Klimawandels nicht zutrifft. Des Weiteren können Ackerflächen geringer Bonität strategisch zum Betriebsgewinn beitragen, was mit zunehmendem Kostendruck in der Landwirtschaft immer mehr in den Fokus gerät. Die Bereitstellung dieser Flächen ist politisch wenig risikoreich. Die Vermarktung des erzeugten Stromes obliegt dem Anlagenbetreiber, daher sieht Schneider eine starke Position für die Agrargenossenschaft.

Welche Flächen eignen sich für Agri-Photovoltaik (APV)?

Als oberste Priorität gilt es Flächen zu nutzen, welche für den Einzelbetrieb wenig rentabel sind, wenn man von den heutigen flachen Ständerwerken mit Trockenrasen unter den Solarpanelen ausgeht. Das müssen nicht Kippenflächen (Acker in der Bergbaufolgelandschaft) sein, denn diese haben eine zugesicherte Bonität von Ackerzahl 35. In Brandenburg gibt es weitläufig sehr viele Flächen mit einer geringeren Ertragsfähigkeit.

Des Weiteren gilt es unbedingt das Recht zu sichern, dass Energieerzeugung und Landwirtschaft auf derselben Fläche möglich sind, denn hier geht es auch um die Zahlungsansprüche aus der gemeinsamen Agrarpolitik. Das ist für Flächen auf ehemaligen Deponien, Flughäfen oder an Bahn- oder Autobahntrassen ebenso relevant. Inzwischen gibt es sogar Modellversuche mit aufgeständerten Solaranlagen, bei denen eine Marktfruchtproduktion möglich gemacht werden soll. In Zeiten des Klimawandels ist Beschattung oder das Sammeln von Niederschlagswasser vielleicht eine Chance für die Landwirtschaft. Eine gezielte Produktion unter Solarpanelen kann auch zur Speicherung von klimarelevantem Kohlenstoff führen.

„Die Auswahl der Flächen für ein Solarprojekt bleibt immer eine Einzelfallentscheidung“, sagt Frank Schneider, Vorsitzender der Agrargenossenschaft eG Heinersbrück.

Investitionen in Photovoltaik

Die schwierigere Aufgabe im Vergleich zur Auswahl der Flächen liegt in der Nominierung des Investors. Für eine sich tragende, zusammenhängende Flächengröße von mindestens 30 ha sind extrem große Summen nötig, die ein normaler Agrarbetrieb nur selten bereitliegen hat. Hier kann keinesfalls nur der Vorteil für das Flächen bereitstellende Unternehmen entscheidend sein. Eine Solaranlage stellt immer einen Eingriff für jeden ansässigen Menschen dar, daher sollte auch die Region bedacht und die Bürger müssen mitgenommen werden. Hier gibt es eine Vielzahl von Modellen von der Möglichkeit der Eigenbeteiligung von Bürgern bis hin zur Gründung einer regionalen Energiegenossenschaft, welche Teile am Unternehmen halten kann. Das gilt insbesondere auch für die Landeigentümer, denn es kann auch Pachtland bebaut werden. Die Schere bei der Renditehöhe für Landverpächter und Beteiligungen kann je nach Angebot groß sein. Hier ist Verhandlungsgeschick gefragt. Nichtsdestotrotz geben die aktuellen Strompreise am Markt den Bau von Photovoltaik-Anlagen auch ohne Mindestpreise her. Das Risiko liegt weniger bei der Errichtung und Genehmigung der Anlagen, sondern in der geschickten Vermarktung des erzeugten Stroms unter wechselnden politischen Vorzeichen.

Da der Investor immer die Möglichkeit hat, die Anlage weiterzuverkaufen oder die Fremdkapitalgeber gegebenenfalls wechseln, muss man prüfen, welche zusätzlichen Leistungen für die Region integriert werden können. Der kommunale Steuerertrag, welcher von ortsansässigen Unternehmen zu leisten ist, ist nur der kleinste Summand in der Rechnung. Es sind eine Vielzahl von Zusatzleistungen möglich, beispielsweise wird die Treibhausgasbilanz für energiehungrige Unternehmen verbessert, wenn der grüne Strom regional gleich wieder verbraucht wird. Es können aber auch bisher anfallende Stromverbrauchspitzen durch integrierte Stromspeicher geglättet werden, ein nicht zu unterschätzender Vorteil für Unternehmen mit häufigen Spitzenlasten und der jährlichen Tarifeinstufung. Das betrifft insbesondere die Landwirtschaft, z. B. bei der Kühlung, der Lüftung oder bei der Melkanlage. Nebenbei kann man den Imagegewinn immer geltend machen.

Eine wesentliche Komponente für die Lausitz ist der jeweilige Rechtsnachfolger der großen Energiekonzerne, welche in den letzten Jahrzehnten den Tagebau betrieben haben. Denn diese Unternehmen übernehmen auch immer die Rechte und vor allem die Pflichten, welche mit der Nutzung der Kohle einhergehen. Mit dem Kohleabbau in der Gegenwart entstehen Folgekosten für die Wiederherstellung der Landschaft in der Zukunft. Mit dem politisch herbeigeführtem Kohle-Aus in nicht mehr ferner Zukunft, ist es daher sinnvoll dem Rechtsnachfolger zukünftige Einkommensmöglichkeiten, wie die Erzeugung von Solarstrom, anzubieten. Die Rekultivierung muss auch inflationsbereinigt bezahlbar bleiben, das gelingt am besten mit frischem Kapital, welches zur Wertschöpfungskette beiträgt und regionale Betriebe aller Art beteiligt. Hier ist eine langjährige Partnerschaft, welche bereits auf Erfahrung beruht, unbedingt hervorzuheben.

Technische Herausforderungen – Solarstrom

Technische Herausforderungen liegen derzeit noch bei der Steuerung des Stromnetzes, denn im Jahresverlauf hängt der Ertrag aus Solarstrom weitestgehend vom Sonnenstand ab. Der Energiebedarf ist im Jahresverlauf mehrheitlich gegenläufig. Auch die tageszeitlichen Produktionsschwankungen müssen einen Ausgleich erfahren, wenn Windräder und Solaranlagen kontinuierlich durchlaufen sollen, insofern der primäre Energielieferant (Wind, Sonne) im Überfluss vorhanden ist. Derzeit gibt es noch erhebliche Stillstandzeiten bei erneuerbaren Energien. Das muss sich schnellstens ändern. Die Entwicklung bei Solaranlagen ist kontinuierlich vorangeschritten. Von den Anfängen mit dem Sonnenstand hinterherlaufenden Anlagen, welche möglichst im Zenit der Sonne stehen mussten, hin zu bereits mit diffusem Licht produktiv arbeitenden Panelen, ganz ohne Aufständerung (Dachflächen). Auch die zentrale Steuerung von einer Vielzahl dezentraler Anlagen wird gemeistert werden.

Es bedankt sich Bertram Kühne für das interessante Gespräch.