Stickstoff-Freisetzung nach der Ernte

Stickstoff-Freisetzung nach der Ernte

Der Gesamt-Stickstoffgehalt unserer Ackerböden variiert in der Regel zwischen 0,1 bis 0,2 Prozent. Das entspricht etwa 3.000 bis 6.000 kg N/ha in der Bodenkrume. Mehr als 90 Prozent des Stickstoffs liegt organisch gebunden vor und ist damit Hauptquelle der Mineralisation. Jährlich werden in unseren Böden durch mikrobielle Prozesse ein bis fünf Prozent des organisch gebundenen Stickstoffs in anorganische Verbindungen umgewandelt. Dabei entsteht unter anderem Ammonium und anschließend Nitrat. Über die Mineralisation wird eine N-Menge von rund 40 bis 120 kg pro Hektar pflanzenverfügbar. Die große Variabilität ergibt sich, da Umfang und N-Gehalt der organischen Substanz unterschiedlich ausfallen und die mikrobielle Biomasse und deren Aktivität im Boden großen Schwankungen unterworfen ist. Die Aktivität der Bodenmikroben wird sehr stark durch Temperatur, Feuchtigkeit, Wasser- und Gasaustausch sowie Boden-pH beeinflusst. Die vielfältigen Faktoren und Wechselwirkungen sind Ursache dafür, dass die N-Freisetzung aus organischer Substanz vorausschauend kaum eingeschätzt werden kann.

N-Freisetzung in der Ackerkrume

Im Rahmen der N-Düngung wird die Höhe der N-Freisetzung einerseits durch Erfahrungswerte bei der N-Bedarfsermittlung und andererseits durch die Anpassung aktueller N-Gaben während der Vegetation berücksichtigt. Letztere erfolgt in der Regel durch eine Beurteilung des Bestandes zum Beispiel mit Hilfe von Sensoren und zunehmend auch auf Basis von Satellitenbildern.

Neben der N-Freisetzung aus der organischen Bodensubstanz findet auch der umgekehrte Prozess – der Einbau von Mineralstickstoff in organische Substanz – statt. Klassisches Beispiel dafür ist die Strohrotte, in deren Verlauf eine große Menge anorganischen Stickstoffs mikrobiell gebunden und damit immobilisiert wird.

Stickstoffdynamik im Herbst

Für die herbstliche N-Dynamik und N-Mineralisierung im Ackerboden spielt die Form der Ernte- und Wurzelrückstände eine entscheidende Rolle. Bei der Zersetzung organischer Rückstände mit einem engen C/N-Verhältnis steht mehr Stickstoff aus der Mineralisierung zur Verfügung als vom Bodenleben aufgenommen werden kann. Es kommt letztendlich zu einer Nitrat-Anreicherung. Im Gegensatz dazu wird beim Abbau von Rückständen mit geringem N-Gehalt und weitem C/N-Verhältnis Mineral-N aus der Bodenlösung in die mikrobielle Biomasse eingebaut und damit immobilisiert. Optimale Bedingungen für mikrobielle Umsatzprozesse herrschen bei circa 20 bis 30 °C und Bodenfeuchten von circa 50 bis 70 Prozent der nutzbaren Feldkapazität (nFk).

Einfluss der Bodenbearbeitung auf die N-Dynamik

Die Bodenbearbeitung nach der Ernte bringt Luft in die Ackerkrume und begünstigt den mikrobiellen Abbau ebenfalls. Besonders in verfestigten Böden können so beträchtliche Mineralisierungsschübe ausgelöst werden. Es entstehen gute Startbedingungen für die Folgekultur. Jedoch ist beim Anbau von Winterungen auf eine ausreichende Rückverfestigung zu achten, um das Wasser im Boden zu halten und gute Aussaatbedingungen zu schaffen.

Wenn sich an der vielerorts immer noch zu trockenen Witterung kurzfristig nichts ändert, ist im Herbst 2019 mit keiner oder nur einer geringen N-Freisetzung aus dem N-Pool des Bodens zu rechnen. Gleichzeitig besteht bei einer wasserlimitierten Bestandesentwicklung nur ein begrenzter N-Bedarf.

Sobald jedoch eine nachhaltige Bodendurchfeuchtung einsetzt, dürften – ausreichend hohe Bodentemperaturen vorausgesetzt – sehr schnell größere N-Mengen mineralisiert werden. Die mikrobielle Aktivität kann selbst nach langen Trockenperioden rasch ansteigen. Als leicht erschließbare Nahrungsquelle wird dann als erstes die in Dürrezeiten abgestorbene Verwandtschaft herhalten, die ein sehr enges C/N-Verhältnis besitzt. Pflanzenbestände mit einem erheblichen N-Bedarf können die dadurch freiwerdenden N-Mengen durchaus noch im Herbst aufnehmen. Ansonsten aber erhöht ein solcher Mineralisierungsschub vor allem das Risiko von N-Verlusten in Form von Nitrat, Lachgas oder N2.

Pro und Contra Herbstdüngung

Das Für und Wider einer Herbstdüngung zu Raps, Gerste oder Zwischenfrüchten ist daher sorgsam abzuwägen. Das gilt umso mehr, da auch im Trockenjahr 2019 wieder vielerorts beträchtliche N-Bilanzüberschüsse aus der N-Düngung im Frühjahr zu beklagen sind.

Wenn Bestände und Bodenverhältnisse in Ihrem Betrieb jedoch eine Herbstdüngung sinnvoll erscheinen lassen, ist die Verwendung N-stabilisierter Düngemittel wie ALZON® neo-N, raps- bzw. getreide-power® neo oder eine Zugabe von PIADIN® zu organischen Flüssigdüngern angeraten. Dadurch lässt sich im Fall starker Niederschläge das Risiko von Nitrat- und Lachgasverlusten signifikant reduzieren.