Precision Farming – Viele Potenziale, aber auch einige Schwachstellen?

Betriebsreportage bei der Agrar GmbH Lübbersruh

Die Agrar GmbH Lübbersruh ist ein reiner Marktfruchtbetrieb und bewirtschaftet eine Fläche von 2.200 Hektar etwa 20 Kilometer nordwestlich von Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern. Angebaut werden Weizen, Raps, Zuckerrüben, Gerste und Silomais. Auf dem weitestgehend eigenmechanisierten Betrieb wird im Pflanzenbau seit 10 Jahren teilflächenspezifisch gearbeitet.

Nutzung von Precision Farming im vollen Umfang

Angefangen bei den Bodenproben, über die Grundnährstoffversorgung, Kalkung und Aussaat sowie der Getreideernte bis zum georeferenzierten Verlegen und Ausmessen von Drainagen per RTK-Signal. Außer der Bodenbearbeitung wird jeder Arbeitsgang auf dem Betrieb teilflächenspezifisch durchgeführt. Für die zweite und dritte Düngergabe sowie zum Wachstumsreglereinsatz in Getreide und Raps wird zusätzlich ein Sensor eingesetzt, um die Bestandesparameter bei der Überfahrt zu erfassen und danach direkt Düngerstreuer und Spritze einzustellen. Dazu werden auf der Maschine als bessere Berechnungsgrundlage zuvor erstellte Applikationskarten auf Basis von Satellitenbildern oder Ertragspotenzialkarten hinterlegt, sodass die auszubringende Düngemenge auf einer größeren Datengrundlage noch einmal genauer berechnet wird. Beispielsweise zeigten sich die Vorteile des Sensors im letzten Jahr, da die Satellitenbilder aufgrund des meist bedeckten Himmels für anstehende Düngemaßnahmen kaum zu gebrauchen waren. Aber auch Randeffekte durch Beschattung beeinflussen die Applikationskarten, die dann in weiteren Schritten rausgerechnet werden müssen, aber hingegen vom Sensor erfasst werden.

Welche Ziele werden mit dem Einsatz von Precision Farming verfolgt?

Durch unseren sehr heterogenen Standort wollen wir die Bewirtschaftung dem Boden bestmöglich anpassen und nicht Betriebsmittel einsparen, sondern diese umverteilen, um die Potenziale voll ausschöpfen zu können. Dabei werden Teilflächen dann auch nochmal gesondert gefördert. Beispielweise werden gezielt nur Mangelstellen mit organischen Düngemitteln versorgt, um hier das Potenzial zu heben.

Bei der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung gibt es verschiedene Strategien. Bei der Agrar GmbH Lübbersruh wird versucht, zum einen auf schwachen Kuppen und Sandlinsen durch eine höhere Aussaatmenge den Zielpflanzenbestand zu erreichen. An leichten Standorten wird auch mehr gedrillt, um auch hier trotz Vorsommertrockenheit die entsprechende Bestandesdichte erreichen zu können. Dadurch wird bei der Aussaat eine Homogenisierung der Bestände angestrebt. Bei der Düngung zeigt sich dann der Vorteil durch die Satellitendaten und teilflächenspezifisch gezogene Bodenproben als zusätzliche Datengrundlage. Die Satellitenbilder stellen bei trockenen Bedingungen die besseren und schlechteren Teilflächen über den Vegetationsindex gut heraus. Am Ende passen dann die Ertragserwartungen und die tatsächlich geerntete Menge, unterschieden nach Teilflächen, sehr gut überein.

Welche Probleme treten bei der Nutzung von Precision Farming auf?

Wir haben mit den in der Praxis üblichen Problemen zu kämpfen: Daten können nicht von der Maschine eingelesen werden. Bei der Arbeit im Sommer findet zum Beispiel auf einmal der Datenaustausch nicht mehr zwischen Schlepperterminal und USB-Stick statt. Es muss dann noch ein neu beschriebener USB-Stick zur Maschine gebracht werden, damit die Arbeit nach Applikationskarten sowie die Speicherung der Arbeitsdaten stattfinden kann.

Werden die gewonnenen Daten bei den einzelnen Arbeitsgängen am Ende auch zu betriebswirtschaftlichen Auswertungen genutzt? 

Das ist gut möglich und wird von uns teilweise auch gemacht, aber viel wichtiger sind die Ertragskarten zur Fehlersuche für uns. Unser Ziel ist es, das Potenzial des Bodens anzuheben und nicht die Böden auf Grundlage der letzten vier Ertragskarten ohne Veränderung weiter zu bewirtschaften. Durch Ertragskarten können zum Beispiel Drainageschäden erkannt werden. Wir nehmen uns also die Ertragskarten und schauen, wo sich Teilflächen mit einem hohen Ertragspotenzial befinden und überprüfen, ob dazu dann auch die Erträge passen. So lassen sich Schäden an den Drainagen, der Bodenstruktur oder der Nährstoffversorgung aufdecken, wenn das Ertragspotenzial und die tatsächlich geerntete Menge nicht übereinstimmen. Um immer aktuelle Werte zur Grundnährstoffversorgung der Böden vorliegen zu haben, werden spätestens alle vier Jahre nach der Fruchtfolgerotation neue Bodenproben gezogen.

Wo liegen für Sie Verbesserungspotenziale bei der Nutzung von Precision Farming?

Wenn man sich die Arbeit macht und die Karten erstellt, will man damit auch stressfrei arbeiten. Die Datenübertragung per USB-Stick, aber auch per ISOBUS stellt sich für mich als Hauptproblem heraus. Der USB-Stick muss beispielsweise genau nach einem bestimmten Schema beschrieben werden, damit die Maschine die Daten dann auch lesen kann. Besser ist aber immer der direkte Weg der Datenübertragung, ohne Zwischenschritte. Gödecke stellt aber auch fest, dass die Hersteller die Probleme erkannt haben und versuchen, diese zu beheben.

Wie lange dauert es, bis man sich in die Software und die Kartenerstellung eingearbeitet hat?

Das Ganze ist „learning by doing“. Wenn man eine Sache kann, macht man den nächsten Schritt und befindet sich in einem dauerhaft anhaltenden Lernprozess. Ich denke, dass sich jeder mit der nötigen Geduld in die Erstellung von Applikationskarten einarbeiten kann und dann auch schnell erste Erfolge sehen wird.

Ist Precision Farming denn nur etwas für große Betriebe, auch aufgrund der hohen Anschaffungskosten?

Ein Sensorsystem ist sicherlich für kleine Betriebe aufgrund der geringen Auslastung zu teuer. Demgegenüber wird die Erstellung von Applikationskarten mit Sentinel-Daten pro Hektar abgerechnet, was eine einfache und günstige Alternative für kleinere Betriebe darstellt. Da die Maschinen in der Grundausrüstung auch schon immer besser ausgestattet sind, fällt der Einstieg zunehmend leichter. Beispielsweise kann man eine Ertragspotenzialkarte erstellen, diese ausdrucken und mit auf den Schlepper nehmen. Mit dem Computer der Drille kann die Saatmenge per Knopfdruck nach den dargestellten Zonen händisch reguliert werden. Auf diese Weise wäre der erste Schritt zur teilflächenspezifischen Bewirtschaftung getan. Alles ist besser, als nichts zu tun und nach dem Gießkannenprinzip vorzugehen.

Ist Precision Farming ein Baustein zur Erreichung von Umwelt- und Klimaschutzzielen?

Ob wir die Ziele damit vollständig erreichen, weiß ich nicht, aber wir kommen durch die Umverteilung der Betriebsmittel den Zielen näher. Wenn wir weniger einsetzen dürfen, setzen wir die möglichen Mengen nur dort ein, wo es effektiv umgesetzt werden kann. Beispielsweise hilft ein Sensor am Düngerstreuer, diesen entsprechend den Windverhältnissen für die Gewährleistung der optimalen Verteilung anzupassen. Der Sensor meldet dann auch, wenn der Wind zu stark wird, dass das Düngerstreuen dann für eine zu ungenaue Verteilung sorgt. Die Technologie hilft uns die Auflagen auf Grundlage von Messwerten und nicht der subjektiven Bewertung des Fahrers einzuhalten.

Für das Gespräch bedankt sich Nico Wienrich bei Hanke Gödecke von der Agrar GmbH Lübbersruh.